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Rebuild – Rethink – Recycle

In kaum einer Branche ist der Bedarf an Rohstoffen und Energie so hoch wie in der Baubranche. Doch das eigentliche Problem ist der noch immer verankerte lineare Gedanke von Wertstoffen – denn nur ca. 40 Prozent des Bauschutts von Gebäuden werden wiederverwertet.

In den letzten zehn Jahren ist das Bauvolumen Deutschlands von ca. 305 auf 482 Milliarden Euro angestiegen. Auch in Österreich ist das Bauvolumen kontinuierlich über die letzte Dekade auf ca. 54 Milliarden Euro angewachsen – ein Rückgang dieses Wachstums ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Dadurch sorgt das Bauwesen laut der UN weltweit für 38 Prozent der CO2-Emissionen.

Doch das eigentliche Problem ist der noch immer verankerte lineare Gedanke von Wertstoffen – denn nur ca. 40 Prozent des Bauschutts von Gebäuden werden wiederverwertet. Der deutsche Bauriese Vonovia gibt beispielsweise an, nur 64 Prozent seiner 520.000 Tonnen anfallenden Mülls pro Jahr zu recyclen (was etwa dem Gewicht von 1.000 Airbus A380 entspricht), wie die Hamburger Firma Resourcify in ihrem Sustainability-Index-Report herausfand. 

Laut dem Zentrum für Ressourceneffizienz können jedoch bis zu 90 Prozent des im Bausektor anfallenden Mülls wiederverwendet werden. So könnten vor allem mineralische Bauabfälle zum Beispiel für Straßenreparaturen verwendet werden. Bereits gewonnene Ressourcen wiederzuverwenden würde also bares Geld sparen und unseren Raubbau am Planeten minimieren – doch dafür benötigt es Pioniere in Wirtschaft und Politik, die umdenken und dies in der Umsetzung vorantreiben. 

Das (leider) aktuelle Problem der Ressourcenabhängigkeit

Die durch eine zirkuläre Wirtschaft eingesparten Kosten sind nicht nur von ökonomischem Nutzen, sondern können Deutschland und Österreich als ressourcenarme Länder unabhängiger machen und so Lieferketten verkürzen. Vom Einsparpotenzial an Emissionen ganz zu schweigen. Mineralische Baustoffe, die größtenteils importiert werden, machen uns abhängig im weltweiten Handel. Diese jedoch im Kreislauf unserer Wirtschaft zu behalten, würde unsere Unternehmen eigenständiger und so krisensicherer werden lassen.

Die Verfahren für die Wiederverwendung von Bauabfällen sind bereits vorhanden und rechtliche Regelungen wurden zuletzt von der österreichischen Bundesregierung verfasst um die Müllverarbeitung im Bausektor in der UN zu vereinheitlichen. Solange es jedoch noch keine festen politischen Rahmenbedingungen gibt, müssen sich Unternehmer:innen Werkzeugen bedienen, um das eigene Unternehmen in einer im Kreislauf denkenden Wirtschaft geschickt zu positionieren.

Rebuild, Rethink, Recycle – 3 Ansätze für eine zirkuläre Baubranche

Das Problem ist also klar. Wir verschwenden Ressourcen, machen uns damit abhängig und wirtschaften nicht mit Blick auf nachfolgende Generationen. Was sind also die Lösungen? Hierzu gibt es verschiedene Ansätze. Einer liegt beispielsweise in der Art und Weise, wie wir bauen. Denn Beton besteht zu ⅔ aus Sand und Gebäude wiederum zum Großteil aus Beton. Aber auch Sand ist, wie jede andere Ressource, nicht unerschöpflich.

Verschärfend hinzu kommt, dass nur 5 Prozent des globalen Sandvorkommens der Erde genutzt werden können. Der Rest, welcher zum Großteil Wüstensand ist, gilt als zu fein und glatt. Dennoch besteht die Möglichkeit Wüstensand zu verarbeiten, sodass dieser als Pellets zur Herstellung von Beton verwendet werden können. Vordenker hier ist das Unternehmen Multicon. Das Münchner Unternehmen verarbeitet Wüstensand so, dass er zum Bauen genutzt werden kann.

Jedoch stieß Multicon in Österreich und Deutschland bislang auf taube Ohren. „Es ist ein harter Kampf und bislang mussten wir alles aus eigener Tasche finanzieren,“ so Geschäftsführer Dr. Leopold Halser: „Und im Gegensatz zum Polymerbeton haben wir sogar eine wettbewerbsfähige Alternative entwickelt, die 3 bis 5 Euro unter dem regulären Betonpreis liegt.“

Ein weiterer Ansatz der Bauunternehmen dazu ermächtigt benutzten Beton wiederzuverwenden ist die sogenannte “elektrodynamische Fragmentierung”. Diese Methode zerkleinert Materialien durch elektrische Impulse, sodass Verbundmaterial wieder in nutzbare Einzelstoffe zerteilt wird. Das Verfahren wird nun auch im Recycling eingesetzt, z. B. für die Rückgewinnung von Metallen aus Kehrrichtverbrennungsschlacken und eben auch zur Behandlung von Bauabfällen. Das Gute: Das recycelte Material ist keineswegs schlechter und erfüllt geltende Werte für Biegezugfestigkeit und Druckfestigkeit.

Kurzum heißt das, Bauherren müssen bei Materialien umdenken und recycelten Materialien mehr Aufmerksamkeit schenken, um den Grundstein für eine von Ressourcen unabhängigere Zukunft zu legen. 

Außerdem haben Unternehmen noch eine Möglichkeit, mehr zu recyceln, indem sie intern Transparenz über eigene Abfälle schaffen. Denn nur wer weiß, wie viel Abfall an welcher Stelle anfällt, sieht Optimierungspotential. Oftmals werden Stoffe sogar als Abfall betrachtet, doch für andere Firmen sind es wertvolle Ressourcen für die sie bereit sind, zu zahlen.  Digitalisierung von Prozessen kann hier ein entscheidender Faktor sein, um diese Transparenz herzustellen. Mit smarter Technologie kann es gelingen,  Einsparpotentiale zu entdecken, weniger Abfälle zu produzieren und gar Abnehmer für den eigenen Wertstoff finden und so neue Einnahmequellen aufzudecken.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Bauunternehmen vielschichtig davon profitieren können einen zirkulären Gedanken in der eigenen Firma zu verankern. Denn wenn wir es schaffen, unabhängig von Ressourcen zu werden, die wir aktuell in großen Stil importieren, so kann daraus ein neues, grünes Wachstum der Baubranche entstehen und wir wären für etwaige Rohstoffkrisen besser vorbereitet.

Der Autor

Felix Heinricy

Co-Founder von Resourcify, der Recycling-Plattform für digitales Abfall- und Wertstoffmanagement aus Hamburg. Technologie für eine zirkuläre Zukunft.