Porträt Rudolf Kolbe
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Von starken Bauherren

Der Berufsstand der ZT mag der überholten Monarchie entsprungen sein, aber Werte wie Sicherheit, Qualität, Unabhängigkeit, Transparenz sind niemals „überholt“, sondern umgekehrt, das Gebot der Stunde.

Geht es um Totalunternehmervergaben, ist immer viel von „Kooperation“ die Rede. Ob „kooperative Vertragsvergabe“, „partnerschaftliche Projektzusammenarbeit“, „Partnering“ oder „Bauteam“. Diese wohlklingenden Begriffe bedeuten vor allem eines: Der Auftraggeber gibt sein Mitspracherecht mehr oder weniger auf und verliert die Kontrolle über Qualität und Kosten. Denn „Kooperation“ heißt in diesem Zusammenhang – und das muss einmal klar ausgesprochen werden: Abhängigkeit und Intransparenz.

Planung und Ausführung in einer Hand: Was gern als Vorteil angepriesen wird, kann in der Praxis schnell aus dem Ruder laufen. Bei Paketlösungen, wie dem Totalübernehmerverfahren, entstehen allzu schnell Interessenskonflikte zwischen qualitätsorientierter Planung und gewinnorientierter Bauausführung. Das legitime Gewinnstreben der Unternehmer oder die Bemühung, den zugesicherten Preis dennoch zu halten, führen leider immer wieder zu qualitativen Abstrichen. Oder es kommt gar zu Risikoaufschlägen. So oder so: Auftraggeber werden vor vollendete Tatsachen gestellt, wenn es längst zu spät ist. „Kooperation“ hin; „Partnerschaft“ her; Das (Steuer)Geld ist weg.

Das ist aber nicht nur meine private Meinung. Auch der Rechnungshof spricht in seinem Bauleitfaden aus 2018 von „schwachen Bauherren“, die eine Totalunternehmervergabe zur Realisierung ihrer Bauvorhaben wählen, weil nicht delegierbare Leistungen (Projektleitung und -management) sowie maßgebliche Bauherrnverpflichtungen abgegeben werden, die lt. Rechnungshof „jedenfalls selbst wahrzunehmen“ sind – selbstverständlich adressiert er dabei öffentliche Auftraggeber.

Es mag vielleicht altmodisch klingen, aber dennoch nicht aus der Mode sein: Wir ZT haben seit 1860 das Ziel eines „starken Bauherrn“ und die Sicherheit der Allgemeinheit vor Augen. Und nur die unabhängige Planung und Überwachung der Bauausführung führen zu dieser so wichtigen Stärke. Wenn wir ZiviltechnikerInnen also um unsere Unabhängigkeit kämpfen, so ringen wir auch um den Erhalt einer wohl etablierten Kontrollinstanz, auf die SteuerzahlerInnen bei öffentlichen Aufträgen, aber auch private Auftraggeber seit jeher zählen können.