Desinfektionsmittel in einer Sprühflasche
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Sicher virenfrei: Welche Hygienemaßnahmen wirken in Gebäuden am besten?

Der Stellenwert und die Aufgaben der Facility Manager gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie unterstützen die Kernprozesse im Unternehmen, sind strategisch, taktisch und operativ tätig und verlieren dabei niemals den Blick über den Tellerrand. Sie agieren stets im Sinne der Unternehmensziele und sind dem Prinzip der Kostenwahrheit verpflichtet. Was hat sich in Anbetracht von COVID-19 geändert? Der TÜV AUSTRIA Tag der Facility- und Gebäudemanager nahm alle Aspekte der Gebäudesicherheit unter die Lupe.

Das Aufgabenspektrum, das Beschaffung und Brandschutz ebenso betrifft wie Betreiberhaftung und Flächenmanagement, ist quasi von heute auf morgen um einen Aspekt reicher geworden: Wie geht man im Betrieb mit den besonderen Hygienevorschriften um? Ein Bau- und Gebäudeexperte des TÜV AUSTRIA berichtete über seine Erfahrungen: Desinfektionsmittel mussten bereitgestellt, Reinigungskräfte geschult, Shutdown und Wiederinbetriebnahme vorausschauend geplant und umgesetzt werden. Abstandsmarkierungen und Schilder wurden angebracht, die Maximalbelegung in Besprechungsräumen und Aufzügen definiert und auf Veränderungen am Arbeitsplatz Rücksicht genommen. Experten-Tipp: Wenn Gebäude temporär geschlossen werden müssen, sollte der Einbruchsschutz nicht außer Acht gelassen und die Zeit für andere Maßnahmen genutzt werden.

Neue Aufgaben im Bereich Prävention

Welche sinnvollen Präventivmaßnahmen zum Schutz vor Ansteckung in Gebäuden noch gesetzt werden können, erläuterte der Kommandant des ABC-Abwehrzentrums des Österreichischen Bundesheeres. Will man alle Mitarbeiter an Bord holen, sollte ein Klima des Vertrauens geschaffen werden, klare Handlungsanweisungen gegeben und Mitarbeiter im richtigen Umgang mit den Maßnahmen geschult werden. Ein Hinweis auf dem schwarzen Brett reicht nicht aus. Multilingual aufbereitete Verhaltensregeln, unterstützt durch grafische Elemente, erleichtern die Umsetzung, Schnelltests bei Verdachtsfällen, auch für Familienangehörige, reduzieren kostspielige Ausfallszeiten. 

Ein Hygienekonzept, das für alle Prozesse Mindestabstandsregeln, Raumbelegungsobergrenzen und Maximalzeiten berücksichtigt, die Lenkung von Besucherströmen und die Verteilung von Schutzausrüstung vorsieht, ist unbedingt erforderlich. „Containment“, also das Arbeiten in fixen Teams zu unterschiedlichen Dienstzeiten, und Gesundheitschecks wirken ebenfalls vorbeugend. Was ist für die Psyche wichtig? So viel Normalität wie möglich schaffen – unter sicheren Rahmenbedingungen.

Was hilft noch? Ein Gerichtssachverständiger legte den Gebäudeverantwortlichen das Ausrichten von präventiven Schutzmaßnahmen nach dem TOP-Prinzip nahe. Regelmäßiges Lüften verdünnt die Luft, auch bei Stillstand des Gebäudes ratsam, Umluftklappen mit 100 % Frischluftanteil sowie ein Umrüsten der Luftreiniger auf HEPA-Filter reduzieren die Virenzahl in der Luft. Auch interessant: In Risikobereichen sollten FFP2-Masken ohne Ventil, mit richtiger CE-Kennzeichnung, getragen werden. 

Neue Aufgaben im Bereich Rechtskonformität

Zusätzlich kommt eine Flut an Bestimmungen und Regelungen hinzu, die die Gebäudeverantwortlichen in Hinblick auf COVID-19 vor neue Herausforderungen stellt. Wie kann bei disloziertem Arbeiten die Geheimhaltung von Unternehmensdaten sichergestellt werden? Werden Endgeräte innerhalb der Familie geteilt? Und wer trägt das Risiko, wenn Drittleistungen aufgrund von Quarantäne nicht erbracht werden können? Der Rechtsexperte weiß, dass die Rechtslage hierzu nicht eindeutig ist und empfiehlt, sich frei nach dem „Child Principle“ immer wieder zu fragen, ob die Rechtsvorschriften noch erfüllt sind. Und: Was in der aktuellen, konsolidierten Fassung der Verordnung steht, das gilt! 

Ein Fall für die Security

Sicherheit in Gebäuden hat viele Facetten. Eine einzelne Maßnahme genügt nicht, um Gebäude sicher zu machen. Der Sicherheitsexperte rät daher zur Erstellung eines Sicherheitskonzeptes, das technische, rechtliche, bauliche und personelle Maßnahmen enthält. Die erforderliche Schutzwirkung ist aufgrund einer Risikoanalyse und anhand der definierten Schutzziele zu erstellen. Das Ergebnis ist eine Klassifizierung der Risiken in vertretbar, nicht vertretbar und bedingt vertretbar. Ist ein Risiko nicht vertretbar, ist sofortiges Handeln erforderlich! Bauliche Maßnahmen betreffen z. B. Schrankenanlagen und Zufahrten, bauliche Türen, Fenster und Tore. Wichtig: Der Widerstandswert muss höher sein als die Interventionszeit! Videoüberwachung, Einbruchsmeldeanlagen, Brandmeldeanlagen zählen u. a. zu den technischen Maßnahmen. Nicht vergessen: Der Betreiber hat bei Videoüberwachung für das Anbringen von Hinweisschildern zu sorgen. Tipp: Sicherheitsmaßnahmen nie einzeln bewerten, sondern immer ganzheitlich!

Betreiberpflichten: Barrierefreie Gebäude

Betreiberverantwortung und Prüfpflichten fußen auf einer Fülle gesetzlicher Grundlagen, von der ASt-VO und dem ASchG über die Gebäudehaftung nach ABGB bis hin zu Bau-, Wasser- und Lebensmittelrecht. Hinzu kommt jetzt die Barrierefreiheit, basierend auf der Bauordnung der einzelnen Länder im Sinne einer gerichtsfesten Organisation. Die ÖNORM B 1600 bildet dabei die Planungsgrundlage für barrierefreies Bauen. Wo muss nun barrierefrei gebaut werden? In Bildungseinrichtungen, Banken, Behörden Arztpraxen genauso wie in öffentlichen Toiletten und sonstigen, allgemein zugänglichen Bauwerken. Wichtig: Barrierefreiheit betrifft nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch Personen mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen, verunfallte oder mobilitätseingeschränkte Personen. Besichtigt und geprüft werden müssen alle Teile eines Objekts, die für Kunden zugänglich sind. Ob dann Maßnahmen zur Barrierefreiheit gesetzt werden, obliegt dem Eigentümer.

Betreiberpflichten: Aus dem Leben eines Aufzugs

Was für Betreiber, Hausverwalter und Haustechniker hinsichtlich des Betreibens und der Prüfung von Aufzügen und Fahrtreppen wichtig ist, erklärte ein Aufzugsexperte des TÜV AUSTRIA. So gelten für Aufzüge, die nach der Aufzüge-Sicherheitsverordnung in Verkehr gebracht wurden, andere Prüfgrundlagen für das Betreiben, als für Aufzüge, die nach der Maschinensicherheitsverordnung in Verkehr gebracht wurden. Das Leben eines Aufzuges ist abwechslungsreich. Bereits vor dem Einbau wird festgestellt, ob der Aufzug eingebaut werden darf, dann wird ein Vorprüfgutachten erstellt. Nach dem Einbau geht`s weiter zur Abnahmeprüfung, während des Betriebes stehen regelmäßige Prüfungen und Evaluierungen auf der Agenda. Was tun in Zeiten von Corona? Leicht lesbare Hinweise im Aufzug anbringen, neue technische Lösungen bekannter Aufzugshersteller einbauen und die Taster so oft wie möglich desinfizieren. Und wie sieht die Zukunft von Hebeanlagen aus? Sicher vernetzt! Das IoT bietet viele Vorteile, denn vernetzte Hebeanlagen unterstützen die Wartung, ersetzen aber nicht den Wartungsmonteur oder den Aufzugsprüfer vor Ort. 

Betreiberpflichten: Aus dem Leben einer Notbeleuchtung

Zur „Notbeleuchtung“ zählen Sicherheitsbeleuchtungen für Rettungswege und Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung sowie Antipanikbeleuchtungen. Notbeleuchtungen müssen sicher betrieben und instandgehalten werden. Verpflichtend sind Erstprüfungen und wiederkehrende Prüfungen, die Schäden und Fehler erkennen lassen: Kennzeichnungen müssen z. B. überprüft und die Funktion kontrolliert werden. Neu ist die Norm OVE 8101 (Errichtungsbestimmungen zu elektrischen Anlagen). Sie schreibt u. a. das Führen von Prüfbüchern (= Lebenslauf der Prüfeinrichtung) vor.
   
Die von der TÜV AUSTRIA Akademie veranstaltete Fachtagung wurde als Livestream übertragen und wird – so ferne möglich – nächstes Jahr im Kunsthistorischen Museum ausgetragen.