Covid-19 Maßnahmen am Arbeitsplatz: UPDATE!
Obwohl sich die Rechtslage in Anbetracht der epidemiologischen Situation laufend ändert, haben sich der Arbeitsrechtsexperte Walter Pöschl und der Datenschutzexperte Peter Lohberger von der internationalen Sozietät Taylor Wessing um eine Zusammenfassung der wesentlichen aktuellen Punkte bemüht:
Was gilt aktuell?
Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber dürfen Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen. Nicht mehr anerkannt als 3G Nachweis sind inzwischen ein Nachweis über neutralisierende Antikörper und Antigentests zur Eigenanwendung, die in einem behördlichen Datenverarbeitungssystem erfasst werden.
In Wien muss bereits seit 1.11. am Arbeitsplatz ein „2,5 plus“ Nachweis mitgeführt werden: Es sind grundsätzlich nur PCR Tests und überhaupt keine Antigen-Tests mehr zugelassen, überdies darf der PCR Test nicht älter als 48 Stunden sein (Bund: 72 Stunden). Nur ausnahmsweise darf ein Antigen-Test vorgelegt werden, wenn ein PCR Test nicht (rechtzeitig) möglich ist.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen grundsätzlich den Nachweis während der Arbeit bereithalten. Das gilt sowohl bei der Arbeit in geschlossenen Räumen als auch im Freien.
Ausgenommen sind nur Arbeiten, bei denen ein physischer Kontakt ausgeschlossen werden kann, weiters dort, wo es höchstens zwei physische Kontakte pro Tag im Freien gibt, die jeweils nicht länger als 15 Minuten dauern. Weiters ausdrücklich ausgenommen ist die Arbeit im eigenen privaten Wohnbereich, also vor allem im Home-Office. Wird hingegen etwa in einem fremden privaten Wohnbereich gearbeitet, etwa bei Handwerksarbeiten, ist ein 3G-Nachweis mitzuführen (außer wiederum, wenn ein physischer Kontakt ausgeschlossen werden kann, z.B. die Putzfrau, die eine Wohnung putzt, während die Bewohner nicht dort sind).
Eine gesetzliche Impfpflicht besteht aktuell (noch) nicht. Bereits jetzt können Arbeitgeber aber unter bestimmten Voraussetzungen eine Impfung von ihren Mitarbeitern verlangen bzw. grundsätzlich ungeimpfte Mitarbeiter jederzeit kündigen, ohne dass das die Kündigung z.B. wegen Diskriminierung anfechtbar macht.
Was ist eigentlich der „Arbeitsort“?
Das sind jedenfalls alle Arbeitsstellen gemäß Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG), nach den Erläuterungen des Gesundheitsministeriums aber eigentlich überall, wo gearbeitet wird. Dort ist ein 3G-Nachweis mitzuführen, es sei denn, es gibt eine Ausnahme.
Was ist unter „physischem Kontakt“ zu verstehen?
Das wird leider nicht klar definiert. Das Gesundheitsministerium sagt dazu, dass unmittelbarer Kundenkontakt und Kontakt zu anderen Mitarbeitern gemeint sind. Lieferanten und dergleichen wohl auch. Es geht hier offenbar um das mögliche Zusammentreffen mit anderen Personen, z.B. in Gemeinschaftseinrichtungen (Sozialraum, sanitäre Einrichtungen, Besprechungsräumen, etc.). Die Beurteilung darüber hat laut Ministerium anhand einer Durchschnittsbetrachtung abstrakt und nicht etwa jeweils am konkreten Tag bei Arbeitsverrichtung zu erfolgen und muss vom Arbeitgeber vorgenommen werden. Unbeantwortet bleibt etwa die Frage, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer selbst durch Abstandsregeln, etc. einen physischen Kontakt ausschließen können.
Für wen gilt die 3G (in Wien 2.5G-plus)-Nachweispflicht)?
Diese gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Konkret spricht die Verordnung von „Arbeitnehmern, Inhabern und Betreibern“. Es ist davon auszugehen, dass auch Selbstständige wie z.B. freie Dienstnehmer erfasst sind, weil diese wohl als „Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber“ im Sinne der Verordnung anzusehen sind.
Wo gelten strengere Regelungen?
In Lokalen, wo es zu einer stärkeren Durchmischung der Gäste kommt, wie Diskotheken, Clubs, Après-Ski-Lokale und Tanzlokalen, und bei Veranstaltungen mit über 250 Teilnehmern müssen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen 2G Nachweis vorweisen können. Kann ein solcher nicht vorgewiesen werden, ist ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden (in Wien 48 Stunden) zurückliegen darf, vorzuweisen und bei unmittelbarem Kundenkontakt eine Maske zu tragen. Diese Regelung gilt auch für Mitarbeiter mobiler Pflegedienste bei Patientenbesuchen.
Generell gelten verschärfte Regelungen im Gesundheits- und Pflegebereich.
Was gilt jetzt in Bezug auf die Maskenpflicht?
Maske - damit meint die Verordnung grundsätzlich eine FFP2-Maske – muss nach den aktuellen Bundesregelungen bei der Arbeit dann nicht mehr getragen werden, wenn ein 3G-Nachweis vorliegt. Ausgenommen ist der Alten-, Pflege- und Gesundheitsbereich. Das kann dazu führen, dass z.B. im Lebensmittelhandel das Verkaufs- und Kassenpersonal keine Maske mehr tragen muss, die Kunden aber schon.
Begründet wird dies damit, dass Kunden die Maske nur für einen kurzen Zeitraum tragen müssen, Arbeitnehmern das lange Tragen jedoch nicht zugemutet werden soll, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen.
In Wien gilt ab 19.11. am Arbeitsplatz generell eine FFP2 Maskenpflicht, auch in der (Nacht-)Gastronomie. Nur dort, wo ausnahmsweise das Ansteckungsrisiko durch sonstige Maßnahmen minimiert werden kann, besteht eine Befreiung von dieser Verpflichtung. Zu denken ist etwa an Mitarbeitern in Einzelbüros.
Wie müssen Arbeitgeber die Covid-19 Regelungen am Arbeitsplatz kontrollieren?
Das zugrunde liegende Covid-19-Maßnahmengesetz sieht vor, dass der Arbeitgeber sicherstellen muss, dass Arbeitsorte, an denen ein physischer Kontakt nicht ausgeschlossen werden kann, von Arbeitnehmern nur mit 3G-Nachweis (bzw. 2,5G+ oder 2G) betreten werden.
Unklar ist, was genau hier zu tun ist. Der Wortlaut des Gesetzes spricht an sich für eine lückenlose Kontrolle, etwa durch Einlass von Arbeitnehmern in den Betrieb nur mit gültigem 3G-Nachweis. Das Gesundheitsministerium vertritt hingegen die Auffassung, dass die Kontrollpflicht des Arbeitgebers nicht überspannt werden dürfe und zumutbar bleiben müsse. Es komme auf Größe und Struktur des Betriebes, Anzahl der Mitarbeiter, räumliche und organisatorische Beschaffenheit an. Grundsätzlich reichen demnach stichprobenartige Kontrollen, Aushänge, mündliche und schriftliche Belehrungen. Allerdings muss die Wirksamkeit der stichprobenartigen Kontrolle sichergestellt sein. Dies ist nach Auffassung des Ministeriums dann der Fall, wenn entweder regelmäßig einzelne Personen stichprobenartig ausgewählt und kontrolliert werden oder dass es immer wieder „Schwerpunktkontrollen“ im Sinne eines umfassenden „Planquadrats“ gibt.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers seinen 3G-Nachweis vorzuweisen. Der Arbeitgeber wird bei Zweifel an der Echtheit wohl weitere Schritte setzen müssen. Hierfür stehen bereits technische Möglichkeiten zur Verfügung, wie etwa Apps, mit denen der QR Code des 3G-Nachweises auf dessen Gültigkeit überprüft werden kann (z.B. die GreenCheck App, welche das Gesundheitsministerium zur Verfügung stellt).
Der Wortlaut der anwendbaren Bestimmungen sagt auf den ersten Blick, dass es verboten ist, die Covid-19-Nachweise der Arbeitnehmer und darin enthaltenen personenbezogenen (Gesundheits-)Daten zu vervielfältigen, aufzubewahren, oder sonst wie zu verarbeiten. In der Praxis ist dies sehr unbefriedigend, zumal Arbeitgeber grundsätzlich ein sehr fundiertes Interesse daran haben werden, zu wissen, wer in der Belegschaft geimpft ist und wer nicht. Es gibt durchaus triftige Argumente dafür, dem Arbeitgeber eine weitergehende Verarbeitung zu erlauben.
Die meisten Daten des 3G-Nachweises wie Adresse, Geburtsdatum, SV-Nummer hat der Arbeitgeber ohnehin schon. Es handelt sich um Gesundheitsdaten, allerdings gibt es ein gewichtiges Interesse daran (v.a. Fürsorgepflicht zum Schutz von Leib und Leben), dass der Arbeitgeber einen Überblick über die epidemiologische Risikosituation in seinem Betrieb hat. Der Gesetzgeber sollte rechtlich klare Rahmenbedingungen schaffen, damit die von ihm geforderten
Kontrollen durch die Arbeitgeber und eine für die Kontrolle notwendige Verarbeitung der Mitarbeiterdaten nicht gegen Regelungen des Datenschutzes verstoßen.
Da der Arbeitgeber nachweisen muss, dass er seinen Kontrollpflichten entsprochen hat, ist zu empfehlen, zumindest darüber eine Dokumentation zu führen. Eine von mehreren Optionen ist etwa eine Liste über stichprobenartig durchgeführte Kontrollen, welche das Datum der Kontrolle und den Namen des Mitarbeiters enthält, sowie etwa den Vermerk „3G-Kontrolle durchgeführt“.
Darf der Arbeitgeber strengere Maßnahmen vorsehen?
Das erlaubt die Verordnung ausdrücklich in sogenannten „begründeten“ Fällen. Näher definiert werden diese aber nicht. Begründete Fälle könnten es aber wohl sein, wenn etwa in einem Großraumbüro gearbeitet wird, oder wenn an einem Arbeitsplatz vulnerable Kollegen tätig sind. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht möglicherweise sogar dazu verpflichtet.
In einem Bundesland, in dem es keine besonderen Regelungen für den Arbeitsplatz gibt, wird es zulässig sein, dass Arbeitgeber die Wiener Regelungen vorschreiben, also insbesondere Maskenpflicht und „2,5G+“ Auch eine engmaschigere Kontrolle sollte in begründeten Fällen zulässig sein, etwa ein genereller Zugang zum Betrieb nur mit 3G bzw. einem noch strengeren Nachweis.
Dürfen Einstellungen, Beförderungen und besondere Belohnungen von einer Impfung abhängig gemacht werden?
Das ist nach herrschender Meinung zulässig. Bei der Frage, ob jemand geimpft ist, oder nicht, handelt es sich nicht um einen Diskriminierungstatbestand. Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dies wohl nicht, da meist ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestehen wird. Dies schon allein deswegen, weil ein Ausfall durch eine COVID-19-Erkrankung dann weniger wahrscheinlich ist, ebenso das Risiko, dass eine geimpfte Person andere Arbeitnehmer, Kunden, oder einen Arbeitgeber ansteckt. Die Impfung erleichtert also die Einsatzbarkeit des Mitarbeiters.
Was ist die Folge, wenn ein Mitarbeiter keinen Nachweis vorweist?
Einen 3G-Nachweis (bzw. 2,5G plus-Nachweis in Wien) am Arbeitsplatz mitzuführen, ist eine Verpflichtung, die sich primär an den Arbeitnehmer richtet (der Arbeitgeber muss kontrollieren). Kann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber keinen 3G-Nachweis vorlegen, bedeutet das, dass ein Mitarbeiter die rechtlichen Voraussetzungen für den Arbeitseinsatz nicht erfüllt und deswegen nicht arbeitsbereit ist. Daher entfällt jedenfalls der Entgeltanspruch des Mitarbeiters ersatzlos, bis er einen Nachweis vorlegen kann.
Verweigert der Mitarbeiter „beharrlich“ die Vorlage eines Nachweises, droht ihm sogar die fristlose Entlassung. Beharrlichkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer generell klarmacht, keinen Nachweis vorlegen zu wollen, oder einen solchen nach Aufforderungen (in besonderen Fällen vielleicht nach wiederholter Aufforderung) nicht vorlegt. Eine sofortige
Entlassung ohne weiteres Zuwarten wird unter Umständen zulässig sein, wenn ein Arbeitnehmer an einem epidemiologisch exponierten Arbeitsplatz ohne 3G-Nachweis angetroffen wird, bzw. bei einer Kontrolle durch die Gesundheitsbehörde der Arbeitnehmer deswegen von der Behörde bestraft wird.
Was ist noch zu beachten?
Es besteht weiterhin die Verpflichtung, als Arbeitgeber bei Arbeitsorten mit mehr als 51 Arbeitnehmern einen COVID-19-Beauftragten zu bestellen und ein COVID-19-Präventionskonzept auszuarbeiten und umzusetzen.
Welche sonstigen spannenden Fragen stellen sich?
Eine interessante Frage ist etwa, was Arbeitnehmer tun können, wenn der Arbeitgeber die Schutzmaßnahmen am Arbeitsort, insbesondere die Einhaltung und die Kontrolle der Nachweis-Regel nicht umsetzt. Können sie dann die Arbeit verweigern, ohne eine Entlassung oder Verlust ihres Entgeltanspruchs zu riskieren? In Zukunft wird auch die Frage, was gilt, wenn ungeimpfte Arbeitnehmer aufgrund des Stufenplanes möglicherweise nicht mehr arbeiten dürfen, große Relevanz erlangen – ein Thema, das zahlreiche arbeitsrechtliche Folgefragen aufwirft.