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Das Gebäude als Datenmaschine

Moderne Gebäude und deren Technik verfügen über eine wachsende Menge an Daten, die über das „Internet der Dinge“ vernetzt werden und die Kosten für den Gebäudebetrieb signifikant senken können. Dieses Potenzial wird bisher wenig genutzt. Eine Expertengruppe der Internationalen Energieagentur (IEA) beschäftigt sich seit mehr als drei Jahren mit dem Thema „Datengesteuerte Intelligente Gebäude“. Im Folgenden einige Erkenntnisse der bisherigen Forschungen.

Die Nutzung und das Sammeln von Daten auf globaler und permanenter Basis hat durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in verschiedenen Anwendungen und Geschäftsfeldern enorm an Bedeutung gewonnen. Im Bereich der Gebäudetechnik können beispielsweise erhebliche Kosteneinsparungen, eine Reduzierung der CO2-Emissionen und eine Verbesserung des Nutzerkomforts durch die Sammlung von Daten während der Planung, des Baus und insbesondere während des Betriebs erzielt werden. Dazu werden derzeit eine Vielzahl von Methoden im Bereich des „Internet of Things“ erforscht oder bereits als Dienstleistungen am Markt angeboten. Die Bandbreite reicht hierbei von Visualisierungen in Form von Dashboards und Building Information Modeling über datengestützte, selbstlernende und vorausschauende Gebäuderegelungen bis hin zu verschiedenen Ausprägungen von digitalen Gebäude-Zwillingen.

„Das Internet der Dinge liefert kostengünstig Daten zur Betriebsparameter von Anlagen in Gebäuden und des Nutzerverhaltens, die in Verbindung mit künstlicher Intelligenz eine umfassendere Bewertung der Energieleistung und ein vorausschauendes Management von Anlagen ermöglichen. Die Digitalisierung von Gebäudedienstleistungen zur Verbesserung der Energieeffizienz kommt jedoch nur langsam voran, und ihr Potenzial wird noch nicht voll ausgeschöpft. Barrieren für die Einführung solcher Technologien sind beispielsweise das Fehlen eines klaren Kundennutzens und begrenzte Beispiele und Daten über reale Umsetzungen intelligenter Technologien sowie fehlende Normung“, meint Virginia Gori, Assistenzprofessorin an der Bartlett School of Environment Energy and Resources, University College London. In ihrem Vortrag berichtete sie vom Projekt „Data-driven smart buildings“, das darauf abzielt, die das Wissen aus dem akademischen Stand der Technik zu konsolidieren und den Wissens- und Technologietransfer zu unterstützen. Die dabei generierten neun Fallstudien beleuchten Nutzen und Barrieren für intelligente Gebäudetechnologien und helfen dabei, Vorteile und Herausforderungen zu verstehen.

Lessons Learnt aus den Fallstudien

Die Beschleunigung von Innovationen im Bereich intelligenter Gebäudetechnologien wird durch den Zugang zu offenen Daten, Förderung der Standardisierung und Interoperabilität, Erfahrungsaustausch und Best-Practice-Beispiele vorangetrieben. Die datengesteuerten Technologien, die in den Fallstudien getestet wurden, umfassten modellprädiktive Regelung (MPC) und Fehlererkennung und -diagnose (FDD). „Die Datenqualität und -verfügbarkeit der installierten Sensoren waren ein Thema bei allen Projekten, und Lücken in der Datenaufzeichnung oder der Zugang zu standardisierten Sensorinformationen waren in mehreren Fallstudien problematisch. Auch ist die Berücksichtigung der Nutzerpräferenzen für die Akzeptanz von vollautomatischen Systemen von großer Bedeutung“, zieht Gori eine Zwischenbilanz. Mehr Informationen zu Data-driven Smart Buildings (Case Studies) auf https://datasmartbuildings.org

Einsatz künstlicher Intelligenz

„Zwei Drittel der Kosten im Gebäudelebenszyklus entfallen typischerweise auf die Betriebsphase. Diese Phase bietet daher ein beträchtliches ökonomisches und ökologisches Optimierungspotenzial. Ein erheblicher Anteil dieses Potenzials wiederum entfällt auf die technische Gebäudeausrüstung, da diese sowohl Kosten als auch Endenergieverbrauch und damit klimarelevante Emissionen verursacht“, erklärte Jan Kurzidim, Research Engineer mit den Schwerpunkten Data Science, Machine Learning, Software- und Methodenentwicklung im Forschungsbereich „Digitalisierung und Klimatechnik in Gebäuden“ am AIT Austrian Institute of Technology GmbH, der in seinem Vortrag dem Thema „Künstliche Intelligenz für Vorhersage und Regelung im Energiemanagement“ widmete.

Das österreichische AIT und PKE Facility Management kooperieren im Forschungsprojekt „mAIntenance“ , um zu untersuchen, wie künstliche Intelligenz die Effizienz und Zuverlässigkeit gebäudetechnischer Versorgungssysteme verbessern kann. Das Projekt zielt darauf ab, einen Prototyp zu entwickeln, der auf Daten aus dem Büro- und Laborgebäude "FUTUREbase" basiert, das über ein Gebäudeautomationssystem und ein IoT-Sensoriknetzwerk verfügt. Die gesammelten Daten sollen mittels Machine Learning ausgewertet werden, um dem Facility Management wertvolle Informationen zur Verfügung zu stellen.

Digitaler Zwilling zur Betriebsoptimierung

Dagmar Jähnig, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bereichs „Gebäude“ bei AEE Intec setzte sich mit dem Thema „Betriebsoptimierung durch die Erstellung eines Digitalen Zwillings“ auseinander. Die Ausgangslage: Der in der Planungsphase errechnete Energiebedarf von hoch effizienten Gebäuden deckt sich in der Regel nicht mit den gemessenen Werten. Gründe hierfür für sind das Wetter, eine nicht optimale Regelung, ein anderes Nutzerverhalten bzw. eine andere Nutzung der Räume etc. Eine Optimierung des Anlagenbetriebs findet nach der Inbetriebnahme häufig nicht statt, so Jähnig.

Ziel des soeben abgeschlossenen „Stadt der Zukunft“-Forschungsprojekts „Digitaler Zwilling“ war es daher, einen digitalen Zwilling eines Bürogebäudes und der Haustechnik dazu zu nutzen, den laufenden Betrieb zu optimieren und den Energieverbrauch zu senken. Die praktische Umsetzung erfolgte nach Labortests an einem Bürohochhaus in Wien, das von der OMV genutzt wird. Um den Anwendungsfall relativ überschaubar zu halten, wurde die Kälteversorgung des Gebäudes als Ganzes betrachtet sowie eine Büroetage. Das Bürogebäude der OMV ist ein 24-stöckiges Hochhaus mit Glasfassade, das hauptsächlich als Einzel- oder Großraumbüros und kleine bis mittlere Besprechungsräume genutzt wird. Die Kühlung erfolgt über Kühldecken, die von drei Kältemaschinen und einem Free-Cooling-Wärmetauscher auf dem Dach versorgt werden. Die Kälteanlage mit ihren Abnehmern wurde im Simulationsmodell abgebildet, um die Regelung der vier Kälteerzeuger im Hinblick auf minimalen Stromverbrauch zu optimieren. Zudem wurde ein Mustergeschoß mit einem Digitalen Zwilling abgebildet. Eine Modellvalidierung wurde durchgeführt, um Energieoptimierungen durch Sollwertveränderungen der Anlagen zu ermöglichen.

„Im Rahmen des Projekts wurde der digitale Zwilling entwickelt, der auf der Simulationssoftware IDA ICE basiert und Echtzeit-Messdaten sowie Wetterdaten einlesen kann. Das Simulationsmodell kann an gemessene Werte angepasst werden, um genaue Informationen über den Gebäudezustand zu erhalten. Der digitale Zwilling bietet viele Anwendungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die Optimierung der Regelung oder ein vereinfachtes Facility Management mit Echtzeitvisualisierung. Auch eine automatische Anpassung der Regelung an verändertes Nutzerverhalten oder eine andere Nutzung der Räume ist möglich“, berichtete Jähnig. Ziel ist es, das Echtzeitmodell mit möglichst wenigen realen Sensoren bei ausreichender Genauigkeit zu realisieren sowie virtuelle Sensoren: Zum Beispiel Wandtemperaturen oder operative Temperaturen, die im realen Gebäude nicht gemessen werden. Sie können aber durch das Echtzeitmodell z.B. zur Regelung verwendet werden.

Das Projekt zur Entwicklung des Digitalen Zwillings ist noch nicht abgeschlossen. Weitere Anwendungen sollen getestet und deren Nutzen bewertet werden, wie zum Beispiel die Entwicklung von Algorithmen, die basierend auf Echtzeitsimulation Heiz- und Kühlwerte vorschlagen und an die Gebäudeleittechnik senden. Auch externe Services wie Wettervorhersagen sollen eingebunden werden. Ziel ist es, Energie zu sparen und den Nutzerkomfort zu erhöhen, so Jähnig.