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"Die Planung digitalisieren, den Bauprozess transformieren"

Seit 2016 ist Marco Xaver Bornschlegl Teil der Strabag, seit 2020 leitet er gemeinsam mit Jens Hoffmann die Division Strabag Innovation & Digitalisierung (SID). Im Interview gibt er Ein- und Ausblicke in das Digitalisieren, die Innovationswelt der Strabag und zeigt auf, welche Möglichkeiten künstliche Intelligenz (KI) zur Verbesserung der Planungs- und Bauprozesse bietet.

a3BAU: Sie sind seit 2016 bei der Strabag, seit 2020 leiten Sie gemeinsam mit Jens Hoffmann die Division Strabag Innovation & Digitalisierung. Also salopp formuliert sind als Innova­tions-Chef für das Digitalisieren bei der Strabag verantwortlich. Was macht ein Innovations-Chef?

Marco Xaver Bornschlegl: Ich bin kein Bauingenieur, sondern komme aus der Informationstechnologie. Ich rede viel mit Leuten, versuche zuzuhören und viel zu verstehen. Die Mitarbeiter der Strabag haben extrem viele Ideen, die es zu selektieren gilt. Sie müssen sich das wie einen Trichter vorstellen, der immer enger wird. Wir haben in der SID - Strabag Innovation & Digitalisierung mit unseren 425 Vollzeitkräften und einigen Teilzeitkräften Innovationsprozesse definiert, in welchen wir die vielen Ideen strukturiert erfassen, bewerten, kanalisieren und dann im Konzern umzusetzen versuchen. Das ist wie bei Start-ups in der „Höhle der Löwen“. Nur ist bei uns die Erfolgsquote höher als eins zu 1.000. 

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Was bedeutet für Sie der Begriff Innovation?

Wenn man über Innovation spricht, dann denkt man immer an diese eine Sache, die den Bau revolutioniert. Aber wissenschaftlich betrachtet sind viele Dinge gar keine Innovationen, sondern eher kontinuierliche Verbesserungsprozesse. Eine super Idee war beispielsweise – ich glaube von Seiten eines Bauleiters – die sogenannte „Kreissägen-Box“. Also eine Metallbox, in der man die Kreissäge auf einem Pritschenwagen transportieren kann. Diese „Innovation“ hat sich in der Fläche durchgesetzt. Dem entgegen stehen dann große Innovationen wie beispielsweise „Generative Design“. 

Wie läuft das ab – von der Idee bis zur Umsetzung?

Zu Beginn geht es darum, viel zuzuhören und zu bewerten, ­welches Potenzial hat die „Innovation“? Ist sie eher eine Nischenlösung für einen unserer zahlreichen Unternehmensbereiche oder hat sie Breitenwirkung? Es gibt ja nicht die eine Strabag, sondern vom Real Estate über Hochbau, Facility Services oder Verkehrswegebau ganz unterschiedliche Unternehmensbereiche. Alle zwei Jahre schreiben wir das adASTRA Intrapreneurship-Programm aus, das Mitarbeitern die Chance bietet, ihre eigenen Start-up-Ideen zu verwirklichen. Der Fokus liegt hier auf der Generierung von Business-Ideen. Im letzten Jahr waren es beispielsweise, glaube ich, 90 Einreichungen, 15 davon kamen in die Selektionsphase, woraus zwei Ideen in ein Geschäftsmodell übergeführt wurden. Dazu werden eine GmbH gegründet, die Mitarbeiter von ihrer alten Tätigkeit freigestellt und in meine Einheit übergeführt, wo wir ihnen einen sicheren Hafen bieten können. Sie bekommen eine Finanzierungszusage von einzelnen Unternehmensbereichen und werden bei uns wie eine Firma in der Firma behandelt. Nach 12 bis 18 Monaten muss sich das Geschäftsmodell selbst tragen. 

Nicht alle Innovationen münden in eine GmbH, wie werden „kleinere“ Innovationen oder wie Sie gesagt haben KVPs – also kontinuierliche Verbesserungsprozesse – unterstützt?

Neben adASTRA haben wir permanent eine Art „Ideas Challenge“ laufen, wo Mitarbeiter über digitale Portale ihre Ideen anmelden können, die wir dann bewerten. In meiner Abteilung – wir haben in der Strabag gemeinsam mit Jens Hoffmann eine Doppelspitze – beschäftigen wir uns auch mit Innovationsmanagement, wo wir die Informationsinnovationen in Prozesse, also in ein Innovations-Framework gießen. In diesem Rahmen haben wir etwa die Taktsteuerungstafel entwickelt und beschäftigen uns intensiv mit BIM-Prozessen und „Generative Design“. In der SID übernehmen wir – je nachdem, wie innovativ die Idee bewertet wird – bis zu 66 Prozent der Entwicklungskosten. Warum „nur“ 66 Prozent? Der operative Manager muss an die Innovation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung glauben und genau das gleiche Interesse an der Umsetzung haben wie die Strabag. 

Wie viele der Innovationen betreffen Digitalisierungsthemen?

Digitalisierung ist sicherlich der größte Anteil, gerade auch jetzt mit den KI-Themen. Ich würde sagen, dass Nachhaltigkeit 30 Prozent und Digitalisierung rund 70 Prozent der Projekte betreffen. Wirkliche Innovationen sind vielleicht 20 bis 25 Prozent der Ideen, der Rest sind eher kontinuierliche Prozessverbesserungen. Aber es ist egal, ob es sich um eine wissenschaftlich betrachtet „Innovation“ handelt, Hauptsache ist, dass wir unsere Prozesse verbessern. Die einzigen, die darauf schauen, ob es sich tatsächlich um „Innovation“ handelt, sind die Fördergesellschaften. 

Wie stark ist die Bauwirtschaft digitalisiert? 

Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind, aber die Bauwirtschaft ist in Summe zu sehr großen Teilen noch analog. Wobei ich mir abseits der Strabag mit der Bewertung schwertue. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Aber ich glaube, dass wir als Strabag in den letzten Jahren viele richtige Dinge angestoßen haben. Aber es ist trotzdem noch ein weiter analoger Weg. Wenn ich beispielsweise in der Donau City sitzend auf die aktuelle Baustelle unter uns schaue, dann beobachte ich immer noch viele Kolleginnen und Kollegen, die mit der Hand beispielsweise die Bewehrung flechten. 

Der Bau wird gerne mit dem Bereich Automotive verglichen – ein fairer Vergleich?

Es ist schwierig. Bei Automotive haben wir eine Fabrik, wo unter kontrollierten Bedingungen – bei gleicher Temperatur, gleicher Witterung – nach der Entwicklung des Prototyps 100.000, 200.000 oder 300.000 Mal das gleiche Auto produziert wird. Wir arbeiten aber an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Temperaturverläufen über Sommer, Winter etc. Was wir aber tun können, ist die Planung zu digitalisieren, also alles vor Baubeginn. Es geht darum, den Prozess der Herstellung zu digitalisieren. Wenn man ganz naiv herangehen würde, könnte man sagen: Okay, aus allen Plänen, die momentan ausgedruckt sind, mache ich PDFs und gebe sie dem Bauleiter ins iPad. Das ist aber Digitalisierung für Laien. Das Ziel muss sein, nicht die Pläne auf PDF zu haben, sondern die Pläne so digital zu haben, dass sie am Ende in einem digitalen Gebäude münden. Wir müssen weg vom Papier kommen. Papier zu PDF war Schritt eins. Schritt zwei muss Papier zu Modell sein. Wenn ich das Modell digital habe, dann habe ich auch das Gebäude digital. Langfristig ist das das Ziel. Kurzfristig muss ich versuchen, digital zu planen.

In den letzten Jahren hatten wir einiges an Innovationen für die „digitale Baustelle“. Ich denke da an VR und AR, BIM oder den 3D-Druck. Was davon hat das Potenzial, den Bau langfristig zu verändern? Ich kann mir nicht vorstellen, dass alle unsere Häuser in Zukunft aus dem 3D-Drucker kommen ... 

Sie haben jetzt genau das gesagt, was für den deutschen Sprachraum typisch ist: „Das wird nie funktionieren.“ Aber oft laufen Entwicklungen unabhängig voneinander parallel. Und irgendwann gibt es die Technologie, die alles zusammenführt und dann explodiert es. Die digitale Handy-Welt, wie wir sie heute erleben, ist erst durch das Thema Datennutzung, also die Verfügbarkeit von Datennetzen in hoher Geschwindigkeit, möglich gewesen. WhatsApp ist heute nichts anderes als eine Messenger-App wie ICQ aus der Zeit, als ich ein Teenager war. Damit war es möglich, die App nicht nur am PC, sondern auch mobil zu nutzen. Also der Erfinder von WhatsApp hat keine Revolution herbeigeführt, sondern es war eine Evolution. Und so ist es auch beim Bauen. 

Ein Beispiel dafür?

Generatives Design, also parametrisiertes Planen und Bauen: Früher hatten wir Einzelprojekte, die nicht miteinander verkettet waren – die Planung vom Rohbau, der Fassade, der Treppenhäuser – alles solitäre Blöcke. Es war klar: Wir müssen diese Daten vernetzen. In dem Moment, wo wir die Datengrundlage geschaffen hatten, hat Generatives Design schlagartig ohne unser weiteres Zutun die Planung auf eine Ebene gesetzt, die wir so gar nicht erwartet hätten. Auf einmal war es möglich, durch die Veränderung des Rohbaus auch die Fassade oder die Treppen mit zu verändern. In dem rechnergestützten Planungsprozess erzeugen evolutionäre Algorithmen und Optimierungsverfahren in kürzester Zeit eine Vielzahl von Entwurfsalternativen. Diese entstehen durch Kombination von Designvaria­blen eines parametrischen Modells. Jetzt kommen wir wieder zurück zum 3D-Druck, der – wie Sie gesagt haben – wahrscheinlich nicht so funktionieren wird. Ich gebe Ihnen zu 100 Prozent recht bei Individualbauten, beispielsweise einem großen Campus mit vier Stockwerken, 120 Meter lang. Da wird es mit dem Beton drucken schwierig. Brauchen wir nicht zu diskutieren. Ich stelle aber eine Gegenfrage: Sind das die Gebäude, die wir häufig bauen? Derzeit geht es – in Deutschland wie in Österreich – viel um bezahlbaren Wohnraum. Wir haben Probleme, die Leute unterzubringen. Das ist ein Markt, der sehr wohl für 3D-Druck geeignet wäre, den wir aber im Moment ignorieren. Das heißt, 3D-Druck für große Gebäude, für Individualgebäude momentan nicht vorstellbar. Aber ob das in 20 Jahren noch immer so ist, weiß ich nicht.  

Rote Häuserkombinationen
Generatives Design ist ein innovativer Ansatz im Bau- und Planungsbereich, der computergestützte Algorithmen und künstliche Intelligenz nutzt, um eine Vielzahl von Entwurfsmöglichkeiten zu generieren. Diese entstehen durch Kombination von Designvariablen eines parametrischen Modells

Müssen wir in unserem Denken am Bau offener werden, was Innovationen betrifft?

Im deutschen Sprachraum sind wir stark problemorientiert. Wissen Sie, wie viele Leute zu mir gesagt haben: Das mit der datengetriebenen Risikoanalyse, das wird nie klappen? Das haben wir schon zigmal probiert, das hat nie funktioniert. Vielleicht war es aber einfach nur der falsche Zeitpunkt in der Vergangenheit. Ich war gerade in den USA. Wenn Sie dort mit Leuten reden, die hören erst mal nur die Chancen heraus. Auch ich rede gerne über Visionen und ignoriere die Probleme in dem Moment, stecke irgendwo am Horizont eine Fahne ein. Und erst dann kümmern wir uns darum, ob das Ziel realistisch ist oder nicht. In der europäischen Kultur ist es üblich, zuerst einmal nach Gründen zu suchen, warum etwas nicht funktioniert, anstelle zu überlegen, wie man ans Ziel kommt. Wenn wir also jetzt über das Planen mit digitalen Zwillingen und BIM reden, dann ist es noch ein langer und auch kein einfacher Weg, aber irgendwann werden die Gebäude digital sein. Jetzt gebe ich Ihnen noch ein weiteres Beispiel: Bauen im Bestand. Wenn Sie sich den klassischen Bauprozess anschauen, dann haben Sie ganz vorne das Real Estate, das ein Projekt entwickelt, dann haben Sie die Planer, dann kommt der Bau. Am Ende haben Sie jene, die das Gebäude betreiben. Bei Bauen im Bestand dreht sich der Prozess um. Da kommen jene, die ganz hinten im normalen Prozess sind – die Facility Manager – ganz vorne. Denn die wissen, wo im Bestandsgebäude die Probleme und Herausforderungen liegen. 

Sie meinen, dass sich die Bau- und Immobilienwelt generell verändert?

Durch die Verknappung der Grundstücke und durch den Green Deal, wodurch die Bestandsgebäude ihre Klimakurve reduzieren müssen, sonst werden sie Stranded Assets, sind Firmen, die schon jetzt digital betreiben, ganz schnell in der Poleposition. Wissen Sie, was ich meine? Wir haben einen komplett veränderten Markt. Diejenigen Konzerne und Baufirmen, die über ein gutes Facility Management verfügen, haben auf einmal einen Vorsprung. 

Welche Anwendungen im KI-Bereich sehen Sie derzeit als sinnvoll an? Wo liegt das größte Potenzial?

KI an sich ist nichts Neues. Den Begriff gibt es schon seit den 50er-Jahren. Aber jetzt kommt das KI-Paradoxon von Moravec ins Spiel, das vereinfacht ausgedrückt lautet: Einfach ist schwierig und schwierig ist einfach. Was bedeutet das? Bislang wurde immer versucht, mit KI sensomotorische Fähigkeiten zu lösen, die für den Menschen extrem einfach, aber für den für die Rechner extrem aufwendig sind. Situationen, die Menschen ganz einfach beherrschen, sind für die KI teilweise sehr kompliziert. Denken Sie an das Greifen nach einem Wasserglas. Umgekehrt: Wenn Sie eine Excel-Tabelle mit 100 Zeilen haben, dann fällt es Ihnen wahrscheinlich relativ schwer, eine Zahl zu erkennen, die leicht von den anderen Zahlen abweicht. Das ist wiederum für die KI unfassbar einfach. Hochrangiges Denken ist für den Menschen schwierig, für die KI einfach. Mit KI sind komplizierte, aber nicht komplexe Probleme sehr gut zu lösen. Eine KI wird aber niemals eine Bewehrung auf einer Baustelle flechten. 

Ist das Bild der digitalen Baustelle generell ein falsches, wenn wir an KI-Anwendungen denken?

Ich weiß, was Sie meinen. Wir haben beispielsweise den Roboterhund im Einsatz, der sich im Rohbau noch gut zurechtfindet. Sobald der Elektriker Kabel verlegt, stolpert der Hund mehr, als dass er läuft. Aber auch da wird sich die Technologie weiterentwickeln. Wo die KI jetzt schon helfen kann, ist bei den Prozessen, zum Beispiel bei der Risikoanalyse. 

Roboterhund mit zwei Arbeitern im Tunnel
Die autonomen vierbeinigen Roboter sind darauf ausgelegt, sich in komplexen Umgebungen zu bewegen und verschiedene Aufgaben zu erfüllen, die die ­Effizienz und Sicherheit auf Baustellen verbessern können. In der Praxis, sobald etwa Kabeln verlegt sind, stolpert der „Roboterhund“ derzeit noch mehr als er sich bewegt

Können Sie die Risikoanalyse, von der Sie sprechen, etwas näher erklären?

Wir haben die KI mit kaufmännischen Daten aus über 10.000 Bauprojekten gefüttert und trainiert, Auffälligkeiten zu finden – klassisches Machine Learning. Wir erkennen damit Projekte, die schlechter performen als andere oder die das Potenzial haben, abzurutschen. Das ist keine Revolution, aber der Vorteil ist: Die KI, also der Algorithmus, wird nicht müde, der kann das Tag und Nacht machen. Wenn wir genug Leute dafür zur Verfügung hätten, bräuchten wir keine KI. Aber jetzt kommt ein wichtiger Punkt: Die KI erkennt Auffälligkeiten, trifft aber keine Entscheidungen. Die KI wird den Menschen perspektivisch nie ersetzen. Die KI weist den Menschen nur darauf hin: Ich habe da etwas gefunden, schau es dir bitte an! Ähnlich wie in der Medizin KI für die Diagnose eingesetzt wird, aber am Ende muss ein Radiologe bei Auffälligkeiten die Entscheidung treffen. 

Bei welchen Projekten wird das Tool eingesetzt?

Bei den großen Projekten wie Autobahnen oder ähnlichem gibt es genug Spezialisten im Controlling, die sich die Zahlen genau anschauen. Aber es geht um die vielen mittleren und kleinen Projekte, die bei uns jeden Monat in einer hohen Anzahl ablaufen. Bei sagen wir mal 1.500 Projekten liefert die KI eine Liste mit Auffälligkeiten bei 20 bis 30 Projekten, die wir uns dann im Detail anschauen. 

Das betrifft laufende Projekte. Die Risikoanalyse wird aber nicht eingesetzt, um eine Entscheidung zu treffen, ob man ein Projekt machen soll oder nicht …

Da wollen wir hin. Wenn die Projekte einmal begonnen worden sind, dann können wir maximal Schaden begrenzen, wir werden aber ein ganz schlechtes Projekt nie zu einem ganz guten machen. Was auch ein großer Erfolg ist, das darf man nicht kleinreden. Besser wäre es, wir erkennen bereits in der Angebotsphase, von welchen Projekten wir die Finger lassen, weil wir auf Basis der Vergangenheit wissen, das Projekt wird nichts. 

Wo liegt da die Hürde?

Wenn wir unsere Diskussion weiterführen, würde man auf Basis von Daten aus der Vergangenheit einen Auftrag in Höhe von einer, zwei, zehn oder 20 Millionen Euro nicht annehmen. Irgendwann würde ich in eine Entscheidung kommen, wo wir auf die gesamte Strabag hin gesehen vielleicht eine Milliarde Euro an Leistung pro Jahr konsequent weglassen würden, weil uns die mehr kostet, als sie bringt. Vor diesem Moment habe ich in einem Unternehmen, das börsennotiert ist und auch Dinge wie Auftragsbestände reporten muss, Respekt. 

Das heißt, der Algorithmus würde letztendlich den Auftragsbestand bestimmen? 

Genau so ist es. Wenn wir es aber schaffen, Projekte bereits in der Selektionsphase auszuscheiden, dann würden wir erst gar kein Angebot legen und hätten zumindest diesen Schmerz nicht, dass ein Vorstand entscheiden muss, ob man das eine oder andere Projekt weglassen sollte. Damit sind wir wieder an dem Punkt, wo wir schon zu Beginn waren: Die Technologie ist das eine, aber perspektivisch werden wir das in den Griff bekommen. Schwieriger ist es, das Mindset zu ändern. Das heißt, Entscheidungen auf Basis von Daten zu treffen, die uns vielleicht beim Reporting ein Stück weit wehtun. Das muss man den Leuten erst erklären. 

Dafür braucht es einen Vorstand, der diese Vision mitträgt …

Da kann ich Ihnen sagen, da ist mein Leben bei der Strabag unfassbar einfach. Mein direkter Vorgesetzter Klemens Haselsteiner, aber auch der gesamte Vorstand, geben uns glücklicherweise viel Raum, über solche Dinge nachzudenken. Am Ende ist die Entscheidung aber natürlich eine Vorstandsentscheidung. Derzeit sind wir noch nicht so weit, die Projektentscheidung mit dem Algorithmus zu treffen. Aber wir haben von Seiten des Managements die volle Unterstützung für Innovation, Digitalisierung, Nachhaltigkeit – alles Strategien, die nicht Selbstzweck sind. Wir werden nachhaltiger, weil wir glauben, dass es auch zukünftig ein Geschäftsmodell ist. Wir werden innovativer, weil wir denken, dass wir zukünftig am Markt damit einen Schritt voraus sind. Wir werden digitaler, weil wir denken, dass wir so eine höhere Effizienz erreichen und dadurch erstens billiger werden und auch eine höhere Marge erzielen können. Am Ende sind wir ein Wirtschaftsunternehmen, das baut, was der Auftraggeber will. Aber wir wollen dabei Geld verdienen, effizient sein, sehr gute Qualität abliefern, weniger Mängel haben – und das schaffen wir mit Digitalisierung. 

Dr.-Ing. Marco Xaver Bornschlegl 

verfügt über mehr als zehn Jahre Management- und Führungserfahrung in verschiedenen Positionen im IT-, Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsmanagement innerhalb großer internationaler Bau-, Ingenieur- und Dienstleistungskonzerne. Seit 2016 ist er bei der Strabag und leitet seit 2022 die zentrale Abteilung Strabag Innovation und Digitalisierung (SID). In diesem Zusammenhang ist er verantwortlich für die Definition der Informationssicherheits-, Innovations-, Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsstrategie der Strabag-Gruppe.