© AdobeStock

Gesunde Marktregulierung bei Wohnimmobilien

Für 2022 sind Preiszuwächse im höheren, einstelligen Prozentbereich zu erwarten. Durch erschwerte Kreditvergabe und gestiegene Zinsen in mittleren und einfachen Lagen ist im 2. Halbjahr 2022 und 2023 mit reduzierter Nachfrage und Abflachung der Preiszuwächse zu rechnen. Konsequenz ist Marktregulierung mit gesunden Verhältnissen.

Der Engel & Völkers Marktbericht 2022 für Wohnimmobilien in Österreich verdeutlicht klar: sowohl die Nachfrage als auch die Preise sind bei Eigentumswohnungen und -häusern in ganz Österreich 2021 sowie im ersten Halbjahr 2022 gestiegen. Bedingt war dies durch das knappe Angebot und die verringerte Neubautätigkeit. Im Segment der Eigentumswohnungen erhöhten sich die Quadratmeterpreise in allen Bundesländern. Noch deutlicher fielen die Preisanstiege im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser aus. Die prozentuale Preiszunahme stieg 2021 in Tirol (19,9 %) und Wien (23,7 %) trotz des bereits hohen Niveaus am stärksten. Für 2022 werden in Summe Preiszuwächse im höheren, einstelligen Prozentbereich im Vergleich zum Vorjahr erwartet.

Download

„Für 2023 gehen wir – je nach Lage - von Preissteigerungen auf moderatem Niveau aus. Durch die erschwerten Finanzierungsbedingungen und gestiegenen Zinsen ist in mittleren und einfachen Lagen zukünftig mit einer reduzierten Nachfrage zu rechnen. In den beliebtesten Lagen des Landes ist weiterhin mit Preissteigerungen und einem Nachfrageüberhang zu rechnen. Generell ist aber eine Abflachung der Preiszuwächse zu erwarten, was letztlich eine Rückkehr zu einem ausgeglichenen Immobilienmarkt mit gesunden Verhältnissen führen wird“, so Sylvia Verdorfer, Engel & Völkers Gebietsleiterin für Österreich.

Zuzug und Wohnraumknappheit dominieren Wiener Wohnungsmarkt

Wien wird als lebenswerteste Stadt der Welt bald die Zwei-Millionen-Einwohner-Marke überschritten haben. Besonders die Bezirke 21 bis 23 wiesen zuletzt stark positive Wanderungssaldi auf. Der Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen in Wien ist 2021 um rund 11 % gestiegen, wobei die Innenstadt und der innere Gürtel weiterhin besonders nachgefragt sind. Hohe Baukosten belasten die Gewinnerwartung der Investoren, was zukünftig zusammen mit der längeren Vermarktungsdauer zu Verwerfungen im Neubausegment führen wird. Der durchschnittliche Verkaufspreis bei Ein- und Zweifamilienhäusern stieg im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Viertel auf rund 980.000 EUR. Damit wurde Tirol als teuerstes Bundesland überholt. Immobilienangebote bleiben in Wien knapp und begehrt, weshalb die Preise aktuell stabil bleiben werden. Die erwartete Transaktionszahl für 2022 liegt bei EFH/ZFH zwischen 950 und 1.050, bei ETW zwischen 12.800 und 13.600.

„Der Flair der Metropole wird weiterhin viele Menschen nach Wien ziehen. Dadurch bleibt die Nachfrage nach Wohnraum auch bei geänderten Finanzierungsbedingungen hoch, vor allem in guten Lagen. Auch das grüne Umland der Stadt sind für junge Familien eine Möglichkeit, den hohen Preisen der Stadt zu entfliehen“, so Philipp Niemann, Geschäftsführer von Engel & Völkers Wien.

Abflachung der Preissteigerungen im größten Markt des Landes: Niederösterreich

Die Wohneigentumsquote in Niederösterreich ist mit 62,7% die zweithöchste Österreichs. Die Preisunterschiede zwischen den Bezirken sind in besonderen Mikrolagen enorm. In den direkt an Wien angrenzenden Bezirken wie beispielsweise Mödling oder Korneuburg liegen die Preise im Durchschnitt drei- bis viermal so hoch als in den westlichen Bezirken. „Im sogenannten Speckgürtel sind Altbauvillen besonders tonangebend. Speziell Baden bei Wien ist aufgrund seiner großen Anzahl an Biedermeier- und Jahrhundertvillen und aufgrund seiner Nähe zu Wien begehrt. Auch Investoren kommen zunehmend auf den Geschmack“, erläutert Oskar Beirer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Baden bei Wien.

Spezielle Teilmärkte verzeichnen extreme Preissprünge, in Leobersdorf z.B. haben sich die Preise von 2018 bis 2022 mehr als verdoppelt. Künftig wird sich voraussichtlich auch in Niederösterreich eine Normalisierung des Marktes einstellen. Die Zinserhöhung und geänderte Eigenkapitalquote ist besonders im mittelpreisigen Segment (zwischen 400.000 EUR und 1.000.000 EUR) stark spürbar. Aufgrund der gestiegenen Baukosten reagieren Bauträger bereits merklich vorsichtiger: Projekte werden länger sondiert, geprüft und es wird viel Wert auf eine professionelle Vermarktung gelegt.

Tirol: Viele Verkäufe im Premiumsegment

Die durchschnittlichen Verkaufspreise haben sich insbesondere auch in Tirol erneut stark erhöht. Der durchschnittliche Preis für Ein- und Zweifamilienhäuser stieg 2021 um rund 20% auf 957.000 EUR. Im Segment der Eigentumswohnungen gab es ebenfalls erneut eine deutliche Preissteigerung um rund 18% auf 5.093 EUR/m2. Künftig wird es auch in Tirol zu einer Normalisierung des Marktes kommen, Florian Hofer, Geschäftsführer Alpenregion Tirol & Salzburger Land dazu: „Die Immobilienpreise in Tirol sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Es gibt zwar zukünftig einen leichten Nachfragerückgang, aber sowohl bei Wohnungen als auch bei Grundstücken ist nicht mit Preissenkungen zu rechnen. Da Geld wieder mehr wert ist, wird vor dem Kauf umso professioneller geprüft. Top Qualität und Werthaltigkeit der Lage ist entscheidend“.

Kitzbühel bleibt im Preisvergleich weiterhin die Spitzenregion Österreichs. Besonders hier steigt die Nachfrage immer weiter und das Angebot nimmt deutlich ab. Gesucht werden besonders Wohnobjekte in Einzellagen, die jedoch nur selten auf den Markt kommen. Doch auch für zentrale Lagen ist der Preis deutlich gestiegen. Häuser wechselten 2021 für durchschnittlich rund 2,5 Mio. EUR den Besitzer.

Geringer Preisanstieg in der Steiermark

Mit durchschnittlichen Verkaufspreisen von rund 286.000 EUR bei Ein- und Zweifamilienhäusern und 3.030 EUR/m2 im Segment der Eigentumswohnungen ist die Steiermark nach dem Burgenland das günstigste Bundesland Österreichs. Dennoch sind die Preise 2021 auch hier im Vorjahresvergleich bei den Ein- und Zweifamilienhäusern um 14% und bei den Wohnungen um 13% gestiegen. Besonders Weingüter und Häuser in der Südsteiermark sind begehrt, ebenso Grundstücke im grünen Grazer Umland. Durch intensive Neubautätigkeiten und aufgrund der veränderten Finanzierungssituation ist 2023 in der Steiermark mit

einem Einpendeln zwischen Angebot und Nachfrage zu rechnen. Zudem gibt es voraussichtlich vermehrte innerstädtische Wanderbewegungen aus älteren Altbauwohnungen in bessere Neubauten. Einen eher moderaten Preisanstieg wird bei den Immobilienpreisen in Graz und in der Südsteiermark verzeichnet, wobei insbesondere in guten und sehr guten Lagen entlang der Südsteirischen Weinstraße zukünftig mit Preiserhöhungen zu rechnen ist. „Besonders für wohlhabende Privatpersonen steht der Kapitalerhalt im Fokus, weshalb wir eine ungebremste Nachfrage nach Wald, Ackerland und Jagden bemerken“, erklärt Harald Martich, Geschäftsführer Engel & Völkers Steiermark.

Seeufer und Städte im Zentralraum Kärntens besonders begehrt

Im südlichsten Bundesland wächst die Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern mit großer Wohnfläche, Garten und Balkon, vor allem im Klagenfurter Umland und in Seenähe. Der Preis für ein Eigenheim in Kärnten ist 2021 um knapp 15 % zum Vorjahr gestiegen. Besonders hoch sind die Preisanstiege in den Bezirken Klagenfurt-Land und Feldkirchen. Ebenso nimmt die Nachfrage nach Eigentumswohnungen zu. „Die in- und ausländische Nachfrage nach Zweitwohnsitzen in Kärnten steigt, auch aufgrund noch strengerer Regelungen in den Nachbarländern, weiter an. Daher kann auch zukünftig mit Preissteigerungen, vor allem rund um die größeren Seen gerechnet werden“, berichtet Hansjörg Lenz, Geschäftsführer Engel & Völkers Kärnten. In Zukunft ist allerdings mit vermehrten Diskussionen bei Chalet- und Hotelprojekten im Kontext mit öffentlichen Seezugängen und der Begehbarkeit von Forst- und Waldflächen zu rechnen.

Die gesamte Region Wörthersee-Ossiacher See verzeichnet ebenfalls seit Jahren einen Zuwachs der Kaufpreise. Viel Potenzial am Immobilienmarkt gibt es außerhalb des Zentralraums. Die Durchschnittspreise für Häuser in der Region Oberkärnten-Millstätter See liegen noch knapp unter 300.000 EUR und sind damit noch vergleichsweise moderat. 2023 ist mit einer Abflachung der Nachfrage bei Liegenschaften zwischen 250.000 und 750.000 EUR zu rechnen. Zudem ist teilweise Rückgang der Verkaufsbereitschaft der eigenen Immobilie bemerkbar, da angestrebte Neubauten aus finanziellen Gründen nicht mehr durchführbar sind.

Konstanter Nachfrageüberhang in der Mozartstadt

Salzburger Wohnimmobilien sind durch die zentrale und schöne Lage äußerst begehrt. Der durchschnittliche Preis bei Eigentumswohnungen stieg um rund 23 %, bei Ein- und Zweifamilienhäusern sogar um 25,8 %. Durch das prognostizierte Bevölkerungswachstum von 6,1 % im Bundesland Salzburg bleibt die Nachfrage, trotz steigender Zinsen voraussichtlich stabil. In guten und sehr guten Lagen sind sogar deutliche Preissteigerungen zu erwarten. Mark Hüsges, Geschäftsführer von Engel & Völkers Salzburg dazu: „In der Stadt Salzburg ist die Nachfrage nach Wohnimmobilien nach wie vor sehr hoch und das Angebot knapp. Auch heuer ergeben sich dadurch in nahezu allen Lagen konstant steigende Preise. Derzeit werden für exklusive Neubau-Penthouses in 1A-Lagen bis zu 25.000 EUR/m2 verlangt. In einfachen Lagen der Stadt Salzburg sind die Preise allerdings meist stabil, bzw. nur leicht steigend“.

Salzkammergut: Besonders begehrt bei deutschen KundInnen

Die Region Salzkammergut erlebt durch die hohe Lebensqualität ebenfalls eine starke Nachfrage nach Wohnraum. Besonders begehrt sind Einfamilienhäuser in Seelage oder mit See- und Bergpanorama, wobei der Anteil verkaufter Eigentumswohnungen deutlich überwiegt. Die Transaktionszahl stieg erneut leicht auf 1.553 – weiterhin steigende Preise zeigen jedoch, dass das Angebot die Nachfrage auch hier bisher nicht deckt. Besonders hohe Anziehungskraft besitzt diese Region für Deutsche, die in späteren Lebensphasen ihren Hauptwohnsitz dorthin verlegen.

Gewerbeimmobilien: Diversifikation in renditestärkere Assetklassen

Die nach oben zeigende Zinsentwicklung wirkt sich dämpfend auf die Preisentwicklung des Gewerbeimmobilienmarkts aus. Eine Entwicklung, die den gesamten Wohnbaubereich trifft, sind außerdem steigende Baukosten. „Die Pandemie hat zu Lieferkettenproblemen geführt, die nicht nur Preissteigerungen, sondern auch eine Ressourcenknappheit verursacht haben. Diese Punkte erschweren in der Projektentwicklung die Erstellung einer verlässlichen Kalkulation und erhöhen somit das kaufmännische Risiko enorm“, so Christian Sommer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Wien. Ein Lösungsansatz ist die Diversifikation in renditestärkere Assetklassen. Besondere Investitionsschwerpunkte bilden der Logistikbereich, der Bürobereich und der Einzelhandel, sowie wieder verstärkt auch Hotelimmobilien. Die Bevölkerungsentwicklung führt voraussichtlich zu einer überdurchschnittlichen Performance der Immobilienpreise in guten Lagen in und rund um die Ballungszentren Wien, Graz oder Linz. Immobilien bleiben aber weiterhin ein sicheres und inflationsgeschütztes Investment - gerade in Krisenzeiten.