14.900 neue Wohnungen, mehr Sanierungen und getrübter Ausblick auf 2025
Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs) ziehen eine erfreuliche Bilanz 2023. „Mit knapp 15.000 neuen Wohneinheiten wurde viel leistbarer Wohnraum in ganz Österreich geschaffen. Die Vorzeichen des Einbruchs der Wohnbauleistung sind aber bereits absehbar. Auch die Bauleistung 2023 war bereits 10% unter dem 10-Jahres Durchschnitt von 16.500 Wohnungen“, analysiert Verbandsobmann Klaus Baringer.
Wohnbau in den Bundesländern im Detail
Der einheitliche Trend bringt in allen Bundesländern bereits für 2023 ein leichtes Minus. Der Schwerpunkt der Wohnungsneubauten lag auch 2023 wieder in Ostösterreich. Die Region zeichnet im Jahr 2023 für mehr als 60% der Gesamtbauleistung der GBVs verantwortlich und ist weiterhin der quantitative Treiber der Gesamtentwicklung.
Im Burgenland wurden 2023 mit 1000 neuen Einheiten nahezu gleich viele errichtet wie im Vorjahr (2022: 1010), Wien lag mit 4.300 im Jahr 2023 unter dem Vorjahreswert (2022: 4.830) und in Niederösterreich wurden 3.970 neue Wohnungen gebaut (2022: 4.050).
Die Kärntner GBVs errichteten 2023 nach einem Zwischenhoch im Vorjahr 290 neue Wohnungen (2022: 410), jene in der Steiermark 1.250 (2022: 1.510).
Nach einem Rekordjahr 2022 übergaben die GBVs in Oberösterreich im Jahr 2023 2.070 Einheiten (2022: 2.640). In Salzburg kam es zu knapp 800 Fertigstellungen (2022: 890). In Tirol wurden 950 neue Wohnungen übergeben (2022: 1080) und von den Vorarlberger GBVs wurden 260 Fertigstellungen verzeichnet (2022: 430). Alle Bundeslandangaben beziehen sich auf den Sitz der Bauvereinigung, manche Bauvereinigungen errichten auch in anderen Bundesländern Wohnbauten.
Wohnbau-Entwicklung: Ausblick 2024 / 2025
„Diese Entwicklung ist im Kontext des aktuellen Konjunktureinbruchs zu interpretieren, welcher im Bereich der Bauwirtschaft besonders stark ausgeprägt ist: Die Baubewilligungen im österreichischen Wohnbau insgesamt sowie im Geschoßwohnbau brachen 2023 noch stärker ein als jene im gemeinnützigen Wohnbau, nämlich um 42 % gegenüber dem 10-Jahres-Schnitt“, analysiert Herwig Pernsteiner. Hohe Zinssätze und hohe Baupreise bremsen die Bauinvestitionen, welche mit -10,2% im Wohnbau 2023 deutlich negativ ausfielen (WIFO/IHS Konjunkturprognose März 2024). Der Rückgang der Bauinvestitionen hatte auch einen wesentlichen Einfluss auf das negative Wirtschaftswachstum (BIP real 2023: -0,8%). Auch 2024 dürfte die österreichische Wirtschaft insgesamt noch stagnieren und die Bauwirtschaft weiterhin schrumpfen, eine leichte Erholung der Baukonjunktur wird erst für 2025 erwartet. Allerdings zeigt der internationale Vergleich, dass in Österreich trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiterhin leistbarer Wohnraum entsteht, während andere Länder wie Dänemark, Deutschland oder Schweden einen massiven Einbruch im leistbaren Wohnungsneubau erleben.
Wohnbaupaket und weitere Maßnahmen
„Das vom Bund beschlossene Wohnbaupaket ist in diesem Licht ein erster wichtiger Schritt, um die schwierige Situation am Wohnungsmarkt zu entspannen. Damit wird die Bauwirtschaft gestärkt und werden Arbeitsplätze gesichert. Der Fokus des Pakets auf den verdichteten und mehrgeschoßigen Wohnbau hilft auch, Ressourcen zu schonen“, betont Verbandsobmann Klaus Baringer. „Leider sind die Maßnahmen nur ein bedingter Ausgleich für die Einnahmenausfälle beim Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag durch die Mietpreisbremse, da nur die Ausfälle der ersten zwei Jahre abgefedert werden“, so Baringer weiter.
Weitere Maßnahmen gefordert
Weitere Maßnahmen müssen aber folgen. Ein seit Jahren geforderter wichtiger Schritt ist aus Sicht des Verbands der gemeinnützigen Bauvereinigungen die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung. Während die Wohnbauförderungsausgaben der Länder noch 2014 bei annähernd 3 Milliarden Euro lagen und von 2000 – 2015 im Schnitt bei 2,6 Milliarden, sind sie 2022 bereits auf unter 1,9 Milliarden gefallen. Die Einnahmen der Länder aus Darlehensrückflüssen und dem Wohnbauförderungsbeitrag machten 2022 jedoch etwa 2,7 Milliarden Euro aus, d.h. um 850 Millionen mehr, als für die Wohnbauförderung ausgegeben wurde. Das Wohnbaupaket hilft kurz- und mittelfristig, aber eine langfristige Absicherung der Leistbarkeit bedarf der Zweckbindung, gerade in Zeiten wo Wohnkosten stark steigen. So können die GBVs nachhaltig wieder in die Lage versetzt werden, zinsgünstige Wohnbaufördermittel vermehrt anstelle hoch verzinster Kapitalmarktdarlehen in Anspruch nehmen zu können. „Das geeignete Instrument dafür ist die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderungsbeiträge und der Darlehensrückflüsse“, so Klaus Baringer. Die starken Anstiege bei Grundstücks-, Bau- und Finanzierungskosten haben auch dazu geführt, dass Vorgaben der Wohnbauförderung bezüglich Kosten- oder Mietobergrenzen auch unter Ausschöpfung von Verhandlungs- und Planungsspielräumen in der Projektentwicklung immer schwieriger eingehalten werden konnten. So mussten gemeinnützige Bauvereinigungen zunehmend auf den freifinanzierten Wohnbau ausweichen: Der Anteil der geförderten Wohnungsfertigstellungen sank von 92% im Jahr 2013 auf 65% im Jahr 2023.
Weiter besteht aus Verbandssicht bei den Themen Grundstücke und Verfahrensdauer dringender Handlungsbedarf. Länder und Gemeinden müssen die wichtigen Instrumente der Raumordnung intensiver nutzen, um Grundstücke für den leistbaren Wohnbau verfügbar zu machen. „Baulandmobilisierende Instrumente wie Baulandfonds, Flächenwidmungen für geförderten Wohnbau, Raumordnungsverträge bis hin zum existierenden, aber niemals angewendeten Bodenbeschaffungsgesetz müssen konsequent umgesetzt werden“, so Klaus Baringer. Weiters muss die Verfahrensdauer gestrafft werden, der mehrgeschossige geförderte Wohnbau sollte auch gesetzlich privilegiert werden.
Sanierungen wieder im Aufwind
„Nach einem kurzen Einbruch letztes Jahr sind es heuer wieder 7.300 thermische Sanierungen, so wie in den Jahren 2018-2021“, betont Herwig Pernsteiner. „Insgesamt muss wieder darauf hingewiesen werden, dass die aus thermischer Sicht besonders problematischen GBV-Bestände mit Baujahr vor 1980 annähernd „durchsaniert“ sind. Aktuell kommen einerseits die Bestände der späten 1980er sowie der 1990er Jahre in die Sanierungsphase, andererseits gelangen ältere Gebäude bereits in den zweiten Sanierungszyklus“, so Pernsteiner weiter.
Heizungstausch um 40% gestiegen
„2023 war ein Rekordjahr bei den Heizungsumstellungen bei den GBV-Bauten. Knapp 6000 Wohneinheiten wurden auf klimafreundliche Heizungssysteme umgestellt – noch einmal 40% mehr als im Jahr 2022“, freut sich Verbandsobmann Klaus Baringer. Bereits 2022 gab es eine Steigerung der Zahl der Heizungsumstellungen von fast 80%. „58% des GBV-Verwaltungsbestands wird bereits klimafreundlich (durch Fernwärme oder erneuerbare Energieträger) beheizt. Damit zeigen die GBVs, dass sie Vorreiter im Bereich der Dekarbonisierung sind. Um dieses Niveau halten zu können und schneller Gasheizungen und die letzten Einzelöfen aus dem gemeinnützigen Wohnungsbestand zu entfernen, braucht es zusätzliche Förderungen“, unterstreicht Baringer. Wichtig für eine noch schnellere Dekarbonisierung sind weiterhin die wohnzivilrechtlichen Maßnahmen. Aktuell können Mieterinnen und Mieter den Heizungstausch blockieren. „Es fehlt ein Bundesgesetz, das die Durchsetzung des Heizungstausches ermöglicht. Es fehlt aber auch eine rechtliche Klärung, welche Kostenanteile von wem getragen werden. Hier herrscht dringender Regelungsbedarf“, mahnt Verbandsobmann Baringer.
Gemeinnützige Bauvereinigungen
Die 182 gemeinnützigen Bauvereinigungen sind Unternehmen, die Wohnungen für breite Kreise der Bevölkerung zur Verfügung stellen. Sie tun dies nicht in gewinnmaximierender, sondern in gemeinwohlorientierter Weise. Ihre Geschäftstätigkeit ist durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) sowie ergänzende Verordnungen reguliert. GBVs verwalten derzeit rund 998.000 Wohnungen, davon rd. 660.000 eigene Miet- und Genossenschaftswohnungen.
Zur Website des österreichischen Verbandes Gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV)