Ziviltechniker: Gesetzesnovelle mit Tücken
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) musste die Arbeit der Ziviltechniker in Österreich neu geregelt werden. Heute wurde das Ziviltechnikergesetz (ZTG) im Nationalrat mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen.
Nach langen Verhandlungen mit Sektion und Kabinett des Ministeriums wurden Umgehungsmöglichkeiten im Gesetz verhindert und eine Umbenennung der nun möglichen Gesellschaften von ZT mit Gewerbetreibenden vorgenommen. Künftig wird es "reine" Ziviltechniker und "interdisziplinäre" Ziviltechnikergesellschaften mit Beteiligungen ausanderen Branchen geben. Auch bei interdisziplinären Gesellschaften und in Schachtelkonstruktionen müssenaber Ziviltechniker zumindest 50 Prozent halten, stellt das neue Gesetz klar. Auch soll in derNamensbezeichnung klar ausgeschildert sein, wenn es sich um eine interdisziplinäre Gesellschaft handelt,damit die Kunden wissen, dass es auch andere Einflüsse gibt
Eine wichtige Forderung, die Urkundentätigkeit auf die „echten“ Ziviltechnikergesellschaften zu beschränken, wurde aber abgelehnt. Die halbstündige Debatte zu TOP 20 der 89. Sitzung des Nationalrats vom 24.3.2021 sehen Sie hier via Mediathek des Parlaments.
Berufsstand verwässert
Dabei wäre diese Regelung - wollte man seitens Österreich nur dem EuGH-Urteil entsprechen - nicht nötig gewesen. „Das gibt das Urteil nicht her“, stellt Dipl.-Ing. Erich Kern, Präsident der Ziviltechnikerkammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland klar, „der nun beschlossene Gesetzesentwurf der Bundesregierung geht weit über die Anforderungen hinaus. Es ist Gold Plating und völlig unverständlich, warum hier - als Vorbereitung zur Zerstörung – der Berufsstand der Ziviltechniker ohne Not verwässert wird.
Obwohl mit den Verhandlungen der letzten Monate der größte Schaden abgewendet werden konnte, bleibt mit dieser Novelle die Zukunft des Berufsstandes ungewiss. „Ein österreichisches Erfolgsmodell droht auszulaufen. Die Urkundentätigkeit war auch nicht Gegenstand des EuGH Urteils C-209/18, dort geht es vielmehr um den Zugang zum freien Beruf des Ziviltechnikers und der damit einhergehenden höheren Reputation und den Dienstleistungen an sich. Die Urkundentätigkeit ist nicht das Merkmal eines freien Berufes, sondern dies sind die Unabhängigkeit und die besondere Qualifikation. Während bei der Berufsausübung für den Ziviltechniker die Unabhängigkeit, die Unparteilichkeit und die Objektivität die Grundvoraussetzungen sind, wäre bei der Urkundentätigkeit zusätzlich auch der Anschein der Befangenheit zu vermeiden gewesen“, so Kern.