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Metaverse: Virtuelle Welten, reale Chancen

In den letzten Jahren hat das Thema Metaverse immer mehr Aufmerksamkeit erlangt, insbesondere durch den Hype um virtuelle Währungen wie Bitcoin und NFTs. Spätestens seit Mark Zuckerberg seinen Facebook-Konzern in Meta umbenannt hat, ist der Begriff in der öffentlichen Diskussion angekommen und wird das Metaversum als das Internet der nächsten Generation bezeichnet. Das Metaverse hat jedenfalls das Potenzial, die Art und Weise zu verändern, wie wir arbeiten, lernen, einkaufen und kommunizieren. Die Bau- und Immobilienwirtschaft wird ebenfalls von diesen Veränderungen betroffen sein.

Das Metaverse – ein zusammengesetzter Begriff aus der Vorsilbe meta (also „jenseits“) und Universum – besteht aus einer Vielzahl von miteinander verbundenen virtuellen Welten und Realitäten. Es ist ein Ort, an dem Benutzer eine Vielzahl von digitalen Erfahrungen erleben können, von einfachen sozialen Interaktionen bis hin zu komplexen Spielen und virtuellen Geschäftsmodellen. Anders als in bisherigen virtuellen Welten soll das Metaverse Elemente aus der realen Welt enthalten. Virtuelle Erlebnisse sollen genauso erlebt werden können wie in der realen Welt und sich auch wie im echten Leben anfühlen. Anders als das Internet, soll das Metaversum idealerweise von niemandem kontrolliert werden.

Wodurch sich das Metaverse von bisherigen virtuellen Räumen ebenfalls unterscheidet, ist die Verleihung einer physischen Form für die Nutzer, quasi eine „Verkörperung“ des Internets. Während user derzeit mit Benutzernamen und Profilbildern virtuell agieren, erhalten sie im Metaverse einen vollständig anpassbaren, personalisierten Avatar, der die Fähigkeit hat, zu sprechen, sich zu bewegen und Aktionen auszuführen.

Die Idee des Metaverse stammt aus der Science-Fiction-Literatur der 1990er Jahre und wurde von dem Autor Neal Stephenson in seinem Roman „Snow Crash“ geprägt. In diesem Buch beschreibt er eine virtuelle Welt namens „Metaverse, in der Benutzer in Form von Avataren interagieren können. Seitdem haben Technologieunternehmen wie Facebook (heute Meta), Epic Games und Roblox begonnen, eigene Metaverse-Plattformen zu entwickeln, um eine digitale Welt zu erschaffen, in der User als Avatare arbeiten, spielen, sich treffen oder shoppen, das Web 3.0, wie Goldman Sachs in seinem Bericht „Framing the Future of Web 3.0“ festhält.

Wie das Metaverse die Bau- und Immobilienbranche verändert

Das Metaverse bietet der Bau- und Immobilienwirtschaft viele Möglichkeiten, um ihre Arbeitsprozesse zu verbessern und zu optimieren. Es gibt jedoch auch einige Herausforderungen, die es zu überwinden gilt:

Chancen

  • Virtuelle Visualisierung von Entwürfen und Immobilien, um Fehler frühzeitig zu erkennen und die Planung zu optimieren.
  • Potenzielle Einsparungen von Zeit und Kosten bei der Immobilienbesichtigung durch virtuelle Rundgänge.
  • Verbesserte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren durch virtuelle Arbeitsbereiche und gemeinsame Nutzung von Arbeitsergebnissen.
  • Die Möglichkeit, kundenspezifische Anpassungen und Interaktionen in virtuellen Räumen zu ermöglichen, um bessere Entscheidungen zu treffen.

Herausforderungen

  • Hohe Anforderungen an Grafiken und Hardware, um eine sinnvolle Verwendung zu ermöglichen.
  • Das Fehlen einheitlicher Standards und Technologien, was zu Inkompatibilitäten und Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit führen kann.
  • Datenschutz- und Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der Speicherung und Übertragung von Daten in virtuellen Welten.
  • Die Möglichkeit von Fehlern oder Abweichungen in der virtuellen Welt im Vergleich zur realen Welt, die Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung haben können.

Wie sollten CEOs auf das Metaversum reagieren?

Ist es eine große Chance oder ein großes Risiko? Die Antwort der Experten von McKinsey: Die Chance ist enorm – und das Risiko ist nicht so groß, wie man denkt. Die Unternehmen, die das Metaverse aufbauen, sehen es als die nächste Generation des Internets. Ein vollständig entwickeltes Metaverse wird wegen der immensen Rechenleistung zwar erst in 20 Jahren erwartet, das Marktpotenzial ist aber immens: Laut Finanzdienst Bloomberg Intelligence soll das Geschäft mit dem Metaversum schon im Jahr 2030 800 Milliarden US-Dollar umfassen.

Das Potenzial ist deshalb so hoch, weil das Metaverse Elemente vieler Top-Trends kombiniert, darunter Künstliche Intelligenz (KI), immersive Realität (mit VR und AR), fortgeschrittene Konnektivität und Web3. Zahlreiche Anwendungen gibt es bereits und mögliche Geschäftsfelder werden immer greifbarer. Microsoft will jedenfalls eine virtuelle Welt für das Arbeitsleben erschaffen und Meetings in den virtuellen Raum verlagern, wo Teilnehmer ihren Arbeitskollegen in digitalen Konferenzräumen als Avatar begegnen. Bis Ende des Jahres will Microsoft eine Integration von Virtual Reality- und Augmented-Reality-Brillen in Microsoft Teams anbieten.

Einstieg ins Metaversum

Voraussetzung zum Abtauchen in die neue virtuelle Welt sind eine VR-Brille und Joysticks. Einmal über ein User Interface eingestiegen, hat man das Gefühl, in einem echten Raum zu sein. Seine Umgebung kann man sich selbst einrichten. Wer tatsächlich im Metaverse arbeiten will, für den bietet sich mit Oculus Link (App und USB-3.0-Kabel) die Möglichkeit, seinen Desktop auf die VR-Brille zu übertragen. Mit der App Immersed kann man sich seinen virtuellen Arbeitsplatz mit mehreren Bildschirmen einrichten. Übrigens auch eine Option fürs Home Office, weil man sich die physischen Bildschirme sparen kann. Enscape ist ein kommerzielles Echtzeit-Rendering und Virtual Reality Plugin, ein Visualisierungstool, das von Architekten für die Planung und Baustellenbesprechungen in der Ausführungsphase verwendet wird. Twinmotion ist eine Echtzeit-Visualisierungssoftware, mit der VR-Brille kann das geplante 3D-Modell begangen werden.

Was bedeutet das Metaverse konkret für die Bau- und Immobilienwirtschaft?

Eine der offensichtlichsten Auswirkungen des Metaverse auf die Bau- und Immobilienwirtschaft wird die Nachfrage nach virtuellen Immobilien sein. Im Metaverse können Benutzer virtuelle Immobilien erwerben, die sie als Wohnraum, Geschäftsraum oder einfach als Investitionsobjekt nutzen können. Virtuelle Immobilien können von Unternehmen und Einzelpersonen genutzt werden, um ihre Präsenz im Metaverse zu etablieren und ihre Geschäftsmodelle zu erweitern.

Doch das Metaverse bietet der Bau- und Immobilienwirtschaft weit mehr Möglichkeiten, um ihre Arbeitsprozesse zu verbessern und die Planung und Entwicklung von Immobilienprojekten zu optimieren. So können beispielsweise Architekten ihre Entwürfe in einer virtuellen Welt visualisieren und so besser beurteilen, wie sie in der realen Welt aussehen werden. Gleichzeitig können sie mit anderen Nutzern interagieren und Feedback einholen, um ihre Entwürfe weiter zu verbessern. Im Baubereich könnte das Metaversum dazu beitragen, Fehler in der Planung zu vermeiden und die Effizienz von Bauprojekten zu verbessern.

Auch für Immobilienmakler bietet das Metaverse viele Vorteile. Sie können potenziellen Kunden virtuelle Rundgänge durch die Immobilien anbieten und so eine immersive und realistische Erfahrung bieten, ohne dass die Kunden physisch anwesend sein müssen. Dies spart Zeit und Kosten und kann dazu beitragen, dass mehr Kunden erreicht werden.

Ein weiterer Vorteil des Metaverse für die Bau- und Immobilienwirtschaft besteht darin, dass es den Planungsprozess beschleunigen und vereinfachen kann. Durch die Verwendung von virtuellen Prototypen und Simulationen können Fehler und Schwachstellen frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor es zu teuren und zeitaufwändigen Fehlern kommt.

Darüber hinaus kann das Metaverse dazu beitragen, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu verbessern. Durch die Verwendung von virtuellen Arbeitsbereichen können Architekten, Designer, Ingenieure und Bauunternehmer nahtlos zusammenarbeiten und ihre Arbeitsergebnisse miteinander teilen.

Es gibt jedoch auch einige Herausforderungen, die mit dem Einsatz des Metaverse in der Bau- und Immobilienwirtschaft einhergehen. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, dass die virtuelle Welt sehr realistisch sein muss, um eine sinnvolle Verwendung zu ermöglichen. Dies erfordert eine sehr hohe Auflösung und Qualität der Grafiken und eine leistungsstarke Hardware.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass es noch keine einheitlichen Standards für das Metaverse gibt. Verschiedene Anbieter verwenden unterschiedliche Technologien und Protokolle, was dazu führen kann, dass die verschiedenen Elemente des Metaverse nicht nahtlos miteinander kommunizieren können. Die Interoperabilität, die eine neue Architektur für das Internet – eben das Web 3.0 – erfordert, fehlt derzeit noch.

Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel

Wenn das Metaverse immer stärker zu einem virtuellen Zwilling unserer physischen Welt wird, lösten sich bisherige Grenzen für Wissenschaft und Forschung auf. Kann uns das im Kampf gegen den Klimawandel helfen?

Als Teil des Green Deals der EU wurde 2022  von der Europäischen Kommission das Projekt Destination Earth ins Leben gerufen, zur Entwicklung eines hochgenauen digitalen Modells der Erde das die Wechselwirkung zwischen Naturphänomenen und menschlichen Aktivitäten überwachen, simulieren und vorhersagen soll. Dabei wird die grüne Transformation punktgenau umgesetzt. Bis 2030 soll die komplexe Software- und Hardwareumgebung bereitstehen für die nächste Generation von Vorhersagemodellen mit sehr hoher Auflösung. Damit sollen alle Informationen abrufbar sein, um den Planeten zu heilen.

Das industrielle Metaversum

Virtuelle Parallelwelten wie Metaverse werden in der Industrieproduktion künftig eine große Rolle spielen. Siemens und die Nvidia Corporation – einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Personal Computer, Server und Spielkonsolen – sind eine Partnerschaft zur Transformation der Fertigungsindustrie eingegangen, um durch präzise Visualisierungen, die Konstruktion, Fertigung und Betrieb verbinden.

„Das Industrial Metaverse wird Industrie 4.0 in die virtuelle Welt katapultieren mit einer Kombination aus Digitalem Zwilling und KI. In der virtuellen Welt werden Teams neue Produkte entwickeln, neue Produktionsanlagen planen und bauen und schließlich deren Performance simulieren. All das in einer der Realität fast gleichen Umgebung. Hier stecken enorme Potentiale, Ressourcen zu schonen und damit einen Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften zu leisten“, so Hannah Hennig, CIO Siemens.

Als ersten Schritt verknüpfen die Unternehmen die offene Business-Plattform Siemens Xcelerator und NVIDIA Omniverse, eine Plattform für 3D-Design und Zusammenarbeit. Damit wird ein industrielles Metaversum mit physikalisch gestützten, digitalen Modellen von Siemens in Kombination mit Echtzeit-KI von NVIDIA möglich. Es erlaubt Unternehmen, bessere und schnellere Entscheidungen zu treffen. Die Einbindung von Omniverse in das offene Siemens Xcelerator-Ökosystem wird den Einsatz digitaler Zwillinge sowie Produktivitäts- und Prozessverbesserungen über den gesamten Produktions- und Produktlebenszyklus hinweg beschleunigen. Industrieunternehmen jeglicher Größe können so digitale Zwillinge mit Leistungsdaten in Echtzeit einsetzen, innovative industrielle IoT-Lösungen entwickeln und nützliche Analyseerkenntnisse von Edge bis Cloud nutzen. Durch den einfacheren Zugang zu visuell komplexen und präzisen Simulationen wird es möglich, die technischen Herausforderungen von morgen anzugehen.

„Fotorealistische und physikalisch gestützte digitale Zwillinge, eingebunden in das industrielle Metaversum, bieten enormes Potenzial, Volkswirtschaften und Industrien zu transformieren“, sagt Roland Busch, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG. „Es entsteht eine virtuelle Welt, in der Menschen interagieren und zusammenarbeiten, um reale Herausforderungen zu lösen. Durch die Partnerschaft mit NVIDIA werden wir das industrielle Metaversum für Unternehmen jeglicher Größe zur Realität machen.

Fazit: Insgesamt bietet das Metaverse der Bau- und Immobilienwirtschaft viele Möglichkeiten, um Arbeitsprozesse zu verbessern und zu optimieren. Viele der Schlüsselkonzepte, die einem echten Metaverse zugrunde liegen würden, sind bereits ausgereift. Wie auch immer sich das Metaversum entwickeln wird, diese Trends sind schon jetzt real. Die Zukunft des Metaverse in der Bau- und Immobilienwirtschaft bleibt spannend und wird sicherlich in den kommenden Jahren weiterhin ein wichtiger Bereich sein, auf den die Akteure achten sollten, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.

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