Paar erhält einen Schlüssel für eine Mietwohnung
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Mietpaket der Bundesregierung im Fokus

Mit dem neuen Mietpaket kündigt die Bundesregierung die größte Reform des Mietrechts seit fast zwei Jahrzehnten an. Erstmals werden auch ungeregelte Mieten gesetzlich eingebremst. Während die Politik von einem „großen Wurf“ spricht, kritisieren Projektentwickler und private Immobilienwirtschaft die Maßnahmen als untauglich und schädlich.

Seit 2010 sind die Mieten in Österreich massiv gestiegen – um rund 70 Prozent, bei privaten Mietwohnungen sogar bis 80 Prozent. Zum Vergleich: Im Euroraum betrug der Zuwachs lediglich 23,5 Prozent. Zusammen mit steigenden Energiepreisen, Lebenshaltungskosten und Finanzierungskosten gerieten viele Haushalte zuletzt stark unter Druck. Vor diesem Hintergrund einigte sich die Bundesregierung im Ministerrat auf das neue Mieten-Wertsicherungsgesetz, das ab Jänner 2026 gelten soll.

Kernpunkte des Mietpakets

Die Mietpreisbremse für ungeregelte Mieten sieht vor, dass Mietanpassungen künftig nur einmal jährlich möglich sind und zwar frühestens ab 1. April. Liegt die Inflation über drei Prozent, darf der übersteigende Teil nur noch zur Hälfte an die Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. Steigt die Inflation etwa um sechs Prozent, dürfen die Mieten maximal um 4,5 Prozent erhöht werden. Im regulierten Bereich, also bei Richtwert- und Kategoriemieten sowie dem angemessenen Mietzins, dürfen die Mieten 2026 nur um ein Prozent und 2027 um zwei Prozent steigen. Ab 2028 soll hier dieselbe Regel wie im ungeregelten Bereich gelten.

Mit 1. November 2025 wird zudem die Mindestbefristung bei neuen oder erneuerten Mietverträgen auf fünf Jahre verlängert. Ausgenommen sind kleine private Vermieter, die weniger als fünf Wohnungen besitzen. Damit soll eine Balance zwischen Sicherheit für Mieterinnen und Vermieter sowie Anreizen für private Anbieter geschaffen werden.

Das Paket greift auch eine aktuelle rechtliche Entwicklung auf: Ein OGH-Urteil hatte zuletzt bestätigt, dass Wertsicherungsklauseln in langfristigen Mietverträgen grundsätzlich zulässig sind. Mit der neuen gesetzlichen Regelung entfällt Rechtsunsicherheit. Künftig können zu viel bezahlte Mieten nur noch fünf Jahre rückwirkend zurückgefordert werden – bisher waren es bis zu 30 Jahre.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der ökologischen Sanierung: Eine Expertengruppe soll bis 2026 ein Modell entwickeln, wie Kosten für thermische Sanierungen und die Dekarbonisierung des Gebäudebestands fair verteilt werden können. Ziel ist es, Investitionen wirtschaftlich attraktiver zu machen und gleichzeitig die Klimaziele zu erreichen. Ergänzend soll ein Mustermietvertrag für Rechtsklarheit sorgen.

Regierung: „Ein großer Wurf“

Vizekanzler und Wohnminister Andreas Babler spricht vom größten Mietpaket seit 2006 und sieht Millionen Mieterinnen und Mieter vor zukünftigen Preissprüngen geschützt. „Wir lassen die Bremse stark angezogen“, so Babler. Gemeinsam mit ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und Deregulierungsstaatssekretär Josef Schellhorn betont er, dass es sich nicht um einen Deckel, sondern um eine Bremse handle. Die Ausnahme für kleine Vermieter sei entscheidend, um weiterhin Anreize für private Anbieter zu sichern.

VÖPE: „Defekte Bremse ohne Wirkung“

Die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) hält die 3-Prozent-Deckelung für eine Scheinlösung. Präsident Andreas Köttl verweist auf eine 30-Jahres-Simulation: Nur viermal seit 1995 lag die Inflation über drei Prozent. Die Mieten hätten sich also mit oder ohne Deckelung faktisch gleich entwickelt. Für die Mieter bringe das kaum Entlastung, für Investoren bedeute es jedoch enormen Vertrauensverlust. Köttl verweist auf den von der VÖPE entwickelten Wohnkostenindex, der auf einer Kombination aus 70 Prozent Kern-VPI und 30 Prozent Baukostenindex basiert. Dieser hätte eine nachweislich bremsende Wirkung auf Mietsteigerungen entfaltet, ohne komplizierte Sonderregelungen einzuführen.

ÖVI: „Einseitige Lasten und Doppelmoral“

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) kritisiert die Reform als unverhältnismäßigen Eingriff in bestehende Verträge. Geschäftsführer Anton Holzapfel betont, dass nicht die Mieten, sondern Energie, Dienstleistungen und Lebensmittel die Haupttreiber der Inflation seien. Dennoch würden private Vermieter als Sündenböcke herangezogen, während gemeinnützige Bauvereinigungen weiterhin wertsichern dürften und die öffentliche Hand ihre Gebühren automatisch an die Inflation anpasse. Besonders im mietengeschützten Altbau hätten Vermieter in den letzten Jahren bereits mehr als zehn Prozent Geldentwertung durch gesetzliche Eingriffe hinnehmen müssen. Holzapfel fordert deshalb ein Ende der einseitigen Belastungen, die Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer sowie verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen in Neubau und Klimaschutz.

ARGE Eigenheim: Gemeinnützige als Stabilitätsanker

Die ARGE Eigenheim bewertet das Paket hingegen positiv. Wesentlich sei, dass Mieten nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz von weiteren Deckelungen ausgenommen bleiben. Damit werde anerkannt, dass gemeinnützige Bauvereinigungen bereits jetzt günstige Mieten anbieten und über zweckgebundene Beiträge Investitionen in Sanierung und Dekarbonisierung finanzieren. Positiv hervorgehoben werden auch die Verlängerung der Mindestbefristung sowie der Mustermietvertrag, die aus Sicht der ARGE Eigenheim zu mehr Rechtssicherheit und Planungssicherheit beitragen. „Die gemeinnützigen Bauvereinigungen sind ein Stützpfeiler für Stabilität und Leistbarkeit. Dieses Paket zeigt, dass ihre Bedeutung anerkannt wird“, so Obfrau Isabella Stickler.

Leistbarkeit vs. Investitionssicherheit

Für die Regierung ist es ein sozialpolitischer Meilenstein, der Sicherheit und Transparenz schafft. Für private Immobilienwirtschaft und Projektentwickler hingegen bedeutet es Vertrauensverlust, Wettbewerbsnachteile und eine potenzielle Investitionsfalle. Die gemeinnützigen Bauträger sehen sich dagegen bestätigt und in ihrer Rolle als Stabilitätsanker gestärkt.

Die Reform schafft erstmals eine einheitliche Mietpreisbremse für fast alle Verträge und sorgt für eine stärkere Planbarkeit für Mieter. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, ob die Investitionsbereitschaft in Neubau und Sanierung unter den verschärften Regeln leidet.