© alle Fotos: Marc Lins

Punktlandung im Autohaus

Im November 2022 wurde das neue, um 4.000 Quadratmeter erweiterte Firmengebäude von Mercedes Schneider in Dornbirn feierlich eröffnet. Das Unternehmen ist in den letzten Jahren stark gewachsen. So wurde ein Grundstück dazugekauft, wo heute nun das erste AMG-Performance-Center Vorarlbergs, ein neues erweitertes Kundenzentrum, ein Reifenhotel sowie Schulungsräume für die Mitarbeiter, eine neue Lackieranlage und ein modernisiertes Ersatzteillager Platz finden. Für die Architektur verantwortlich zeichnet das Vorarlberger Architekturbüro Johannes Kaufmann und Partner.

Die Ausgangslage war komplex. Denn es war nicht eine Situation, in der man einfach ein Autohaus auf eine grüne Wiese baut. Es stand eine gewisse Grundstückfläche zur Verfügung, umgeben von weiteren Betriebsgebäuden, die den gestalterischen Rahmen noch weiter einschränkten. Eine weitere große Herausforderung war die Umsetzung während des laufenden Werkstatt- und Bürobetriebes. Um das zu schaffen war naturgemäß ein gewisser Aufwand notwendig. Aber es ist gelungen, alles so zu lösen, dass keinen einzigen Tag geschlossen werden musste. Nicht zuletzt sind die Auflagen des Daimlerkonzerns für die Einhaltung der Corporate Identity sehr streng, was auch für den Architekten sehr fordernd war. Dabei regelt ein Konvolut von mehreren hundert Seiten alles ganz klar - von der Fassade des Gebäudes über den Bodenbelag bis zur Ausrichtung des Schreibtisches im Kundenbereich. „Das Korsett, in dem man sich bewegen darf, ist sehr eng. Formen, Farben, Materialitäten - alles ist vorgegeben. Ab und zu ergibt sich eine Auswahlmöglichkeit, wie zum Beispiel beim Boden, die aber nur in gewissen Kombinationen geplant und eingebaut werden können“, sagt der leitende Architekt Dark Schick vom Architekturbüro Johannes Kaufmann & Partner. „Unterstützend haben wir ein Planungsbüro zur Seite gestellt bekommen, das mit sämtlichen Regelungen und Zielvorgaben von Autokonzernen vertraut ist. Dank des Inputs des Planungsbüros konnten wir jedoch Kompromisse finden und die Bedingungen etwas aufzuweichen, ohne die CI-Vorgaben zu verletzen. So haben wir gemeinschaftlich diese Aufgabe bewältigt.“

Autohaus in der Nacht

Echte Punktlandung

Als besonderen Glücksfall bezeichnet Dark Schick die Beziehung zur Bauherrschaft, die sehr weit vorausschauend agierte und darauf bedacht war, dass die Aufträge möglichst regional vergeben werden und nicht an den Billigstbietenden. „Zusammenhalt spielte auch in dieser Hinsicht bei diesem Projekt eine tragende Rolle.“ Die Firma Schneider hatte schon mehrere Projekte mit dem Büro Johannes Kaufmann und Partner abgewickelt und dementsprechend das Design des Standorts vertrauensvoll in die Hände des Architekturstudios gelegt. Ziel war es, die Vorgaben und Standards seitens Mercedes Benz bestmöglich umzusetzen. Schon mit dem ersten Entwurf haben die Architekten ins Schwarze getroffen und konnten das Projekt nur mit wenigen Abweichungen realisieren. Geschäftsführerin Karin Seyfried und ihr Team hatten klare Vorstellungen: „Für uns war es wichtig, dass das Gebäude zeitlos, aber gleichzeitig ausdrucksstark ist. Selbstverständlich lag ein starker Fokus auf der Umsetzung der Vorgaben seitens Mercedes Benz. Aber es ist uns gelungen, nachhaltig und hochwertig zu bauen und unsere eigene Handschrift einzubringen. Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht nur die richtige Wahl der Materialien, sondern auch die Wertschöpfung unserer Region zu unterstützen. Aus diesem Grund haben wir mit lokalen Betrieben, wovon auch viele unsere langjährigen Kunden sind, eingeladen, Teil dieses Projekts zu sein. Unser Architekt Dark Schick von Johannes Kaufmann und Partner arbeitete eng mit dem Team von Mercedes Benz zusammen, um sich abzustimmen. Grundsätzlich ging es nicht darum, eine Corporate Identity möglichst kostengünstig umzusetzen, sondern vorgabenkonform auf eine Weise zu bauen, wie wir hier leben und arbeiten möchten. Das ist uns bei diesem Projekt bestmöglich gelungen.“

Autohaus von innen

Aus einem Guss

Für den Entwurf der Fassade waren zwei bestehende, sehr ortsprägende Baukörper von Bedeutung: eine Montagehalle aus den 1960er-Jahren, ein klassisch reduziertes Werkstättengebäude, sowie ein Verwaltungsgebäude aus den 1990er Jahren mit dem ehemaligen Schauraum, mit dominanter Edelstahl-Glas-Fassade. Hier galt es, mit der Stadt, die eine Aufstockung des Gebäudes favorisiert hätte, einen Konsens zu finden. Auch bei der Fassade schlugen die Zielvorgaben von Mercedes Benz für das äußere Erscheinungsbild voll durch: Eine dunkle Alucobond-Fassade mit weißen Vordachuntersichten. Den Architekten blieb somit nur die Wahl, die Fassadenplatten entweder horizontal oder vertikal anzuordnen. Die Entscheidung fiel zugunsten einer horizontalen Ausrichtung aus. „Das hatte den großen Vorteil, dass der Plattenverschnitt minimiert werden konnte, was bei diesem teuren Material doch ins Gewicht fällt. Auch wirkt das Gebäude etwas gedrungener und fügt sich dadurch harmonischer in die gebaute, niedrigere Umgebung ein“, erzählt Dark Schick. „Durch die Vorgabe mit Alucobond war natürlich eine vorgehängte hinterlüftete Fassade von vornherein festgelegt. Wir setzen aber bei unseren anderen Projekten mit Metallfassaden ganz grundsätzlich gerne diese Art der Fassade ein. Das hat zum einen den Grund, dass wir durch die Hinterlüftung einer möglichen anstehenden Dampfdiffusion mit Kondensatbildung vorbeugen können. Weiters kann durch die offenen Plattenstöße eindringender Schlagregen abgeleitet werden bzw. austrocknen. Auch bei unseren vielen Holzbauten mit geschlossener Hülle kommen wir aus Überzeugung meist auf das Prinzip der vorgehängten hinterlüfteten Fassade – VHF zurück.“

Fassadenkonstruktion

Fassade von außen

Um die Kurve

Besonders viel Wert gelegt wurde auf schöne Details. „Das Wunderbare an Alucobond ist, dass man die Eckausbildungen aus einer einzigen Platte machen kann. Diese kann 90 Grad gebogen werden, aber ohne wie ein scharfkantiger Knick auszusehen. So kann die äußere Sichtseite durchlaufen - eine unserer Intention beim Entwurf. Wir sehen in dieser Gestaltung eine Assoziation zur Stromlinienförmigkeit der Automobile, zu wohlgeformten Kotflügeln und gerundeten Blechoberflächen.“ Die Alucobond-Platten kann man wahlweise kleben oder vernieten - hier hat man sich für das Vernieten auf der Alu-Unterkonstruktion entschieden, um später einfacher austauschen zu können, wenn etwas zerkratzt oder beschädigt sein sollte. Das hat auch den Vorteil, dass die Unterkonstruktion nicht zerstört werden muss. „Spannend ist, dass sich die Fassadenverkleidung bei den Windfängen der beiden Kundeneingänge ins Innere hineinzieht. Insgesamt ist es eine sehr hochwertige, designlastige Fassade. Auch, wenn die Auflagen seitens Mercedes Benz eine große Herausforderung für uns waren, so können wir jetzt im Nachhinein, wo alles fertig ist, schon stolz behaupten, dass alles sehr stimmig und durchdacht ist“, resümiert der Architekt.

Perfektes Teamwork

Auch für das ausführende Unternehmen, Schlosserei Klocker, war es nicht die erste gute Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Johannes Kaufmann und Partner. Der leitende Projektverantwortliche David Böhler schätzt das gute Verhältnis und den reibungslosen Workflow sehr: „Es war alles perfekt vorbereitet, und wir wurden gut gebrieft, um den Entwurf bestmöglich zu umzusetzen.“ Für die Realisierung der Fassade - von der Unterkonstruktion über den Dämmungsaufbau bis hin zur Anbringung der Alucobond-Platten - war das Team der Schlosserei rund sechs Monate im Einsatz. „Bei diesem Projekt war kein einziges Element „von der Stange“. Die vielen speziellen Einzellösungen waren eine große Herausforderung für unser Team, aber wir haben sie alle gemeistert.“ Besonders stolz ist man auf die perfekte Umsetzung der Fassade des Pfeilers, der nicht in die Hauptfassade eingegliedert, sondern fast wie ein freistehendes Element entkoppelt ist. Die Schlosserei Klocker hat eine langjährige Expertise in der Errichtung von vorgehängten hinterlüfteten Fassaden: Für mehr als 80 Prozent der Projekte, die das Unternehmen umsetzt, ist dieser Fassadentypus vorgesehen. David Böhler weiß, warum: „Es ist ein sehr langlebiges Produkt - ein wichtiges Argument in Hinblick auf Nachhaltigkeit in der Architektur.“

Montagekran

Montage Fassade

Musterhaft schön

Mit diesem Projekt verdeutlichen sich einmal mehr die großen Vorteile einer Vorgehängten Hinterlüfteten Fassade am konkreten Beispiel. „Bei Mercedes Benz Dornbirn gab es sehr strenge Vorgaben wie das Material Aluminium für die Fassade. Dennoch nützte das Architekturbüro Johannes Kaufmann und Partner und insbesondere der verantwortliche Architekt Dark Schick die zur Verfügung stehenden Spielarten für ein Design der Gebäudehülle, die exakt den Anforderungen aller Beteiligten entsprach“, sagt DI Stefanie Federspiel, Vorstand Kommunikation ÖFHF – Österreichischer Fachverband für Hinterlüftete Fassaden. „Dank der hervorragenden Abstimmung zwischen Bauherrschaft, Architekt, Verarbeiter und Mercedes Benz konnten die Vorstellungen nicht nur gut realisiert werden, sondern unterstreicht die Vorgehängte Hinterlüftete Fassade als ideale Wahl für ein solches Bauvorhaben. Die Umsetzung ist hier mit den um die Ecke gebogenen Aluminiumpaneelen besonders attraktiv gelungen.“