Wohnpolitik im Fokus der 29. St. Wolfganger Tage
Die 29. St. Wolfganger Fachtagung, das jährliche Gipfeltreffen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, rückt dieses Jahr neben den relevanten Geschäftsbereichen auch internationale Entwicklungen in den Fokus. Die Verknappung von Bauland und der damit verbundene Anstieg der Grundstückspreise stellen eine zentrale Herausforderung für leistbares Wohnen dar, wie die ARGE Eigenheim erklärt. Die Tagung setzt sich intensiv mit der Verbindung von Wohnbauförderung und Grundstückspolitik auseinander und es werden innovative Lösungswege präsentiert, wie leistbares Bauland zu leistbarem Wohnraum führen kann und welche Instrumente die Länder zur Verfügung haben.
Die wichtigsten Punkte:
- Bis 2030 soll Eigentumsquote in Österreich von 48 % auf 60 % steigen
- GBV sorgen für Kostendämpfung: 1,2 Mrd. € Mietvorteil pro Jahr
- Nachhaltig, sicher, leistbar: GBVs haben tragfähiges Konzept
- Generationenwechsel an der Spitze der ARGE Eigenheim
Nachhaltigkeit, ESG und KI: Best Practices für die Zukunft Nachhaltigkeit
ESG (Environmental, Social and Corporate Governance) und Künstliche Intelligenz (KI) sind Themen, die die Wohnungswirtschaft zunehmend prägen. Die Fachtagung zeigt Best-Practice-Beispiele aus Unternehmen, um die Branche für diese zukunftsweisenden Entwicklungen zu sensibilisieren und Impulse für die Unternehmensentwicklung zu geben. Die Schaffung von leistbarem Wohnraum ist eine europaweite Herausforderung. Die Fachtagung beleuchtet die Situation in Deutschland, wo nach der Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit Anfang der 1990er Jahre heuer ein neues Modell eingeführt wurde, um bezahlbaren Wohnraum dauerhaft zu sichern. Eine Vertreterin des deutschen Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen stellt dieses Modell der neuen Wohnungsgemeinnützigkeit vor. Verbandsdirektor Mag. Alois Feichtinger zeigt einen umfassenden Überblick über die Wohnungskrise in Europa und stellt drei aktuelle Lösungsansätze vor. Wichtiger Partner für alle gemeinnützigen Bauvereinigungen sind die Gemeinden. Der Österreichische Gemeindebundpräsident Bgm. DI Johannes Pressl zeigt die Perspektive der Gemeinden und zeigt auf, wie sie mit aktuellen Krisen, Inflation und knappen Budgets umgehen.
ARGE Eigenheim plädiert für Eigentumsoffensive 2025
Bis 2030 soll die Eigentumsquote in Österreich auf 60 % steigen Ein zentrales Ziel der ARGE Eigenheim ist die Förderung des Wohnungseigentums. Vor allem junge Menschen und Familien brauchen eine realistische Perspektive. Neben der Förderung von Modellen zur Kaufmiete soll eine Eigentumsoffensive den Weg zum Eigentum oder zur eigenen Wohnung unterstützen. „Bis 2030 soll die Eigentumsquote in Österreich von derzeit 48 % auf 60 % steigen – das entspricht rund 500.000 zusätzlichen Eigentumshaushalten für Österreichs Familien. Die Rahmenbedingungen für den Erwerb von Eigentum müssen daher verbessert werden“, so Mag. Michaela Steinacker. Folgende Maßnahmen sollen dazu beitragen, Wohnungseigentum wieder zu ermöglichen:
- Gebührenfreie Erstanschaffung Alle Gebühren und Steuern für das erste Eigenheim sollen gestrichen werden, gedeckelt bei 1 Million Euro. • Einführung eines Zinsabsetzbetrags Ein Zinsabsetzbetrag für Wohnbaukredite soll geschaffen werden, um die Finanzierung des ersten Eigenheims zu erleichtern. "Das ist ein wichtiger Schritt, um die finanzielle Belastung zu reduzieren", so Mag. Michaela Steinacker.
- Sonder-Kredit- und Haftungsprogramm Die Etablierung eines Sonder-Kreditprogrammes soll zinsgünstige Kredite für junge Menschen und Familien bereitstellen. Zudem soll ein Haftungsprogramm für nachrangige Eigenmittelersatzdarlehen eingerichtet werden.
Zukunftsthemen: Bestandsbauten und zusätzliche Ertragsmodelle
Die Zukunftsthemen im gemeinnützigen Wohnbau sind Bestandsbauten und zusätzliche Ertragsmodelle. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ist Garant für Stabilität in der Wohnversorgung des Landes. Sie sorgt für geringere Mieten und hält am Bestand fest. „Daher sind die nächsten Jahre die ‚Jahre der Bestandsbauten‘, in denen unser Engagement auf Modernisierung und Klimaschutz konzentriert sind und kein neues Grundstück mehr verbaut werden sollte,“ so der scheidende Bundesobmann Christian Struber und appelliert an die Politik, um weitere Investitionen stemmen zu können „dass die gemeinnützigen Bauvereinigungen weitere, zusätzliche Ertragsmöglichkeiten bekommen müssen, denn nur bei ihnen besteht die Garantie, dass jeder Euro wieder in neuen Wohnraum investiert wird“.
Regierung setzt mit Wohnbauoffensive, Gebührenerleichterungen, Wohnschirm und Handwerkerbonus Impulse für die Wirtschaft
Die Bundesregierung hat in der laufenden Legislaturperiode eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, die zur Unterstützung von Baukonjunktur, Eigentum, Nachhaltigkeit und Ökologisierung beitragen. Damit werden in den nächsten 3 Jahren insgesamt 25.000 Wohnungen bzw. Wohneinheiten finanziert. NR Mag. Michaela Steinacker fasst die wesentlichsten Punkte zusammen:
1 Milliarde Euro für Neubau und Sanierung
Die Wohnbauoffensive umfasst eine Milliarde Euro an Zweckzuschüssen des Bundes an die Länder für die Jahre 2024 bis 2026.
- 10.000 Mietwohnungen und 10.000 Eigentumswohnungen: Ziel ist der Neubau von 10.000 Mietwohnungen und 10.000 Eigentumswohnungen bzw. Eigenheimen.
- 5.000 Sanierungen: Zusätzlich sollen 5.000 Wohneinheiten energetisch saniert werden.
- Günstige Darlehen: Die Länder können weitere 500 Millionen Euro an Darlehen zur Wohnbauförderung aufnehmen, wobei die effektive Zinsbelastung durch Zuschüsse des Bundes bis 2028 mit 1,5% p.a. gedeckelt wird.
- Förderung für junge Familien: Niedrig verzinste Wohnbaudarlehen mit einem Maximalzinssatz von 1,5% und bis zu 200.000 Euro Kreditsumme sollen insbesondere jungen Familien den Erwerb von Eigentum ermöglichen. Alternativ werden auch Zinszuschüsse der Länder für Wohnbaukredite bei anderen Banken unterstützt.
Gebührenerleichterungen
- Für zwei Jahre werden die Grundbucheintragungs- und Pfandrechtseintragungsgebühr bis zu einer Bemessungsgrundlage von 500.000 Euro abgeschafft.
- Voraussetzungen: Voraussetzung ist die Eigennutzung der neu gebauten oder angeschafften Wohnimmobilie und die Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses.
- Antragszeitraum: Anträge können zwischen Juli 2024 und Juli 2026 gestellt werden. Ererbte oder geschenkte Immobilien sind ausgeschlossen. Wohnschirm
- • Unterstützung für Mieter: Der Wohnschirm richtet sich an Mieter, die aufgrund von Teuerung, Erkrankung, Jobverlust oder Inflation von Delogierung bedroht sind.
- • Finanzielle Hilfe: Der Wohnschirm kann Miet- oder Energieschulden übernehmen oder bei einem Umzug finanziell unterstützen.
- • Ansprechpartner: Mieter mit hohen Rückständen bei Miete, Strom oder Heizkosten können sich an den Wohnschirm des Sozialministeriums wenden.
- • Aufstockung des Budgets: Der Wohnschirm wird in mehreren Schritten bis Ende 2026 auf 224 Millionen Euro aufgestockt. Seite 3 von 10 • Prävention von Delogierungen: Ziel ist es, Delogierungen, die im schlimmsten Fall drohen, zu verhindern
- • Erfolgreiche Bilanz: Seit Programmstart konnten über 18.500 Menschen vor Delogierung bewahrt und über 57.000 Personen bei der Bewältigung ihrer Energiekosten unterstützt werden
- • 90 Millionen Euro wurden seit 2022 bereits vom Staat ausgezahlt Handwerkerbonus • 300 Millionen Euro Förderung: für 2024 und 2025 eingeführt, um kleine Betriebe und Haushalte zu unterstützen.
- • Bis zu 2.000 Euro Förderung: Pro Wohneinheit und Jahr können bis zu 2.000 Euro (2024) für Renovierungen, Sanierungen, Modernisierungen oder Reparaturen im privaten Wohnbereich gefördert werden.
- • Vereinfachte Antragstellung: Ein wesentliches Merkmal ist die Möglichkeit, mehrere Rechnungen in einem Antrag zusammenzufassen. Gesetzesnovellen im Wohnrecht WEG Novelle: Erleichterungen für Klimaschutz und Barrierefreiheit Die im Jahr 2021 verabschiedete Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bringt wichtige Neuerungen für Wohnungseigentümer und trägt zum Klimaschutz und zur Förderung von Barrierefreiheit bei.
Gemeinnütziger Wohnbau senkt Preise am freien Wohnungsmarkt
Laut einer aktuellen WIFO-Studie (05/2023) sorgt der Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus für günstigere Mieten auch am freien Markt und mehr Qualität im Wohnbau. Im Durchschnitt zeigt sich, dass eine Steigerung des Marktanteils gemeinnütziger Bauvereinigungen um zehn Prozent zu einem Rückgang der unregulierten Mieten um 30 bis 40 Cent pro Quadratmeter führt.
Bei einer 70 Quadratmeter großen Wohnung entspricht dies einer Ersparnis zwischen 250 und 340 Euro pro Jahr. „Diese preisdämpfende Wirkung der gemeinnützigen Bauvereinigungen auf das gewinnorientierte Wohnungssegment hat durch den Rückgang der Fördermittel und somit Anzahl der geförderten Wohnungen weniger Wirkung“, so Mag. Isabella Stickler CSE, Obfrau der Gemeinnützigen Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Alpenland St. Pölten.
Österreich als Vorbild mit hohem Anteil gemeinnütziger Wohnungen
Österreich konnte in den letzten 50 Jahren dank des wachsenden Anteils gemeinnütziger Wohnungen Stabilität am Wohnungsmarkt erreichen. Allein im Mietwohnungssegment verwalten gemeinnützige Bauvereinigungen 40% des Bestandes (650.000 verwaltete Wohneinheiten); bei den seit dem Jahr 2000 neu errichteten Mietwohnungen sogar rund zwei Drittel. Eine Erhöhung des GBV-Anteils zeigt eine stärkere Wirkung in Regionen, wo GBV bereits eine substantielle Präsenz ausweisen. Durch die Errichtung von Eigentumswohnungen (360.000) tragen GBVs auch aktiv zur Schaffung von Eigentum bei. Damit unterscheidet sich das österreichische Wohnbausystem markant von den meisten anderen europäischen Ländern, wo nicht-profit-orientierter Wohnbau vorwiegend in Form von staatlichen Sozialwohnungen vorhanden ist.
Kostendämpfung: 1,2 Mrd. € Mietvorteil pro Jahr
Die WIFO-Studie zeigt, dass gemeinnützige Mietwohnungen im Durchschnitt einen Mietvorteil von 2,3 Euro pro Quadratmeter gegenüber vergleichbaren privaten Mietwohnungen bieten, was einer durchschnittlichen monatlichen Ersparnis von 160 € entspricht. Besonders stark sind die Unterschiede in neu errichteten Gebäuden (3,0 €), aber auch bei älteren Wohnungen aus den 60er oder 70er Jahren liegen die Unterschiede noch bei über 2,0 € . Auch regional gibt es Unterschiede: Der Wohnkostenvorteil der GBVs ist in Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt besonders hoch. Gerade in Österreichs Städten, wo die privaten Mietpreise in den letzten Jahren besonders stark angestiegen sind, zeigt sich der entlastende Effekt für die Haushalte. Ebenso gibt es Unterschiede bei den Einkommensgruppen: Von den GBV-Mietvorteilen profitieren alle Einkommensgruppen – am stärksten die zwei unteren Einkommensfünftel, am geringsten das oberste Einkommensfünftel.
Effekte auf Wohnungseigentum: 120 Mio. € Ersparnis durch leistbare Eigentumswohnungen
Auch im Bereich der Eigentumswohnungen sieht man den positiven Effekt des GBV-Sektors. Unter den getroffenen Annahmen beträgt der geschätzte Eigentumsvorteil aus GBVEigentumswohnungen bei rund 122 Mio. €. So viel ersparen sich die Haushalte im Jahr 2019 an Finanzierungskosten, wenn sie ihre Eigentumswohnung (Baujahr 1980 bis heute) zu einem kostenbasierten Preis bei einer gemeinnützigen Bauvereinigung anstelle bei einem gewerblichen Bauträger gekauft haben. „Betrachtet man den kostendämpfenden Effekt bei Mieten und den Einsparungseffekt im Bereich der Eigentumswohnungen, so hat der GBV-Sektor einen beachtlichen positiven Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt in Österreich“, unterstreicht Mag. Isabella Stickler die Relevanz für die Gesamtwirtschaft.
Generationenwechsel an der Spitze der ARGE Eigenheim
Seit zehn Jahren steht DI Christian Struber als Obmann an der Spitze der ARGE Eigenheim. Mit Jahresende verabschiedet sich der Geschäftsführer der Salzburg Wohnbau GmbH in die Pension und hat sich um eine geordnete Übergabe seiner Agenden bemüht. Mag.a Isabella Stickler, CSE, Obfrau der Gemeinnützigen Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Alpenland St. Pölten, wird im Rahmen der Tagung in St. Wolfgang, am 11. September den Gremien bei der Neuwahl in der ARGE Eigenheim als Nachfolgerin vorgeschlagen.
Isabella Stickler verfügt über langjährige Erfahrung in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft und hat sich in der ARGE Eigenheim aktiv für die Förderung von Frauen eingesetzt. Ihr Engagement hat dazu beigetragen, den Frauenanteil in Führungspositionen gemeinnütziger Unternehmen deutlich zu erhöhen. "Es erfüllt mich mit großer Freude, dass nun erstmals in der Geschichte der ARGE Eigenheim eine Frau für die Führungsspitze gewonnen werden konnte", so KommR DI Christian Struber MBA, Bundesobmann der ARGE Eigenheim und Vorsitzender des Aufsichtsrates des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV).
Nachhaltig, sicher, leistbar: Die gemeinnützigen Bauvereinigungen haben im Immobilienbereich ein langfristiges Konzept.
„Derzeit geht es rund in der Immobilienbranche. Pleiten, Sanierungsverfahren, Insolvenzen, gefälschte Bilanzen, unrechtmäßige Auszahlungen von Treuhandkonten, Baueinstellungen, Wertberichtigungen, Erhebungen der Staatsanwaltschaften – die Immobilien-Hausse ist vorbei. Die Immobilienpreise wachsen nicht ins Unermessliche.
Die Zinsen sind weiterhin hoch, die Kauflaune gebremst“, geht Herwig Pernsteiner, Bundesobmann-Stv. Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) und Präsidiumsmitglied der ARGE Eigenheim OÖ, mit den „schwarzen Schafen“ der Immobilienbranche hart ins Gericht.
„Diese Malversationen betreffen jedoch stets gewerbliche Bauträger. Diese gehören Privatpersonen, verschachtelten Gesellschaften oder Stiftungen. Und sie agieren intransparent, unehrlich und ausschließlich für den eigenen Nutzen und Vorteil. Gewinne werden individualisiert, Verluste sozialisiert“, so Pernsteiner weiter und nimmt dies zum Anlass, um die Eckpfeiler der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in Erinnerung zu rufen.
„Auch wenn diese Branche sich nicht so sehr ins Rampenlicht drängt, so sichern die gemeinnützigen Bauvereinigungen eine Million Wohnungen in Österreich für leistbares Wohnen“. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen sind durch das sogenannte Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) definiert. Im WGG sind die Grundprinzipien der Wohnungsgemeinnützigkeit verankert, die in ihrer Kombination ein Alleinstellungsmerkmal der GBVs sind. Diese Grundprinzipien sind die - Kostendeckung: GBVs müssen mit ihren Kunden ein angemessenes Entgelt vereinbaren. Dieses darf „nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden“, als sich aus den Kosten der Herstellung bzw. der Bewirtschaftung der Wohnhäuser ergibt (Kostenmiete). Ertragskomponenten sind Bestandteil der kostendeckenden Preise. Sie sind bei den GBVs jedoch durch das WGG und verschiedene Verordnungen genau festgelegt und in ihrer Höhe begrenzt. - Vermögensbindung: Eigenkapital ist auf Dauer für gemeinnützige Zwecke gebunden. Dies wird durch eine Begrenzung der Gewinn-Ausschüttung an die Eigentümer und durch die Verpflichtung zur regelmäßigen Investition in den gemeinnützigen Wohnbau gewährleistet. Weiters dürfen Anteile an GBVs lediglich zum Nennwert der seinerzeitigen Einlage veräußert werden (Nennwertprinzip). - Begrenzter Geschäftskreis: Eine GBV darf nur bestimmte Geschäfte betreiben.