Zwischen Zauberstab und Datenfresser
Die 1.000 Befragten schätzen ihren KI-Wissensstand nur als mittelmäßig ein (Mittelwert 3,1 auf einer Skala von 1 bis 5). Trotzdem haben bereits sieben von zehn Österreichern KI privat genutzt – bei den 14-29-Jährigen sind es sogar 96 Prozent. Diese Diskrepanz zwischen gefühltem Wissen und tatsächlicher Nutzung ist charakteristisch für neue Technologien und zeigt: KI ist bereits im Alltag angekommen, auch wenn das Verständnis noch ausbaufähig ist.
Chance oder Risiko? Die Meinungen sind geteilt
43 Prozent der Österreicher sehen KI eher als Chance, 32 Prozent eher als Risiko. Männer zeigen sich dabei optimistischer (50 Prozent) als Frauen (36 Prozent). Emotional dominieren Neugier (42 Prozent) und Skepsis (46 Prozent). Symbolisch wird KI am häufigsten mit einem Schlüssel verglichen, der "Türen zu neuen Möglichkeiten öffnet" (22 Prozent), oder mit einem Zauberstab, "der Erstaunliches bewirken kann, wenn man verantwortungsvoll damit umgeht" (16 Prozent).
Diese ambivalente Haltung spiegelt sich auch in der Bewertung verschiedener Anwendungsbereiche wider: Während KI in der medizinischen Diagnostik (54 Prozent positive Bewertung), Bildung (50 Prozent) und Überwachung (47 Prozent) breite Zustimmung findet, stehen Österreicher KI bei Personalentscheidungen (54 Prozent negative Bewertung), im Journalismus (42 Prozent) und in der Justiz (41 Prozent) skeptisch gegenüber.
Transparenz als Schlüssel zum Vertrauen
Ein zentrales Ergebnis der Studie: 86 Prozent der Befragten ist es wichtig, nachvollziehen zu können, wie KI-Systeme zu Entscheidungen kommen. Diese Forderung nach Transparenz zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche und ist für die Baubranche von besonderer Relevanz.Gleichzeitig befürworten 79 Prozent eine gesetzliche Regulierung von KI – besonders in sensiblen Bereichen. Paradoxerweise haben aber 71 Prozent noch nie vom EU AI Act gehört, der bereits in Kraft ist. Das zeigt: Der Informationsbedarf ist groß, das Bewusstsein für bestehende Regelwerke noch gering.
KI und Nachhaltigkeit: Ein starkes Duo
Besonders interessant für die Baubranche sind die Erkenntnisse zu KI und Nachhaltigkeit. 58 Prozent der Befragten halten KI grundsätzlich für vereinbar mit nachhaltigen Prinzipien, 52 Prozent trauen ihr sogar zu, globale Nachhaltigkeitsprobleme zu lösen.
Die größten Potenziale sehen die Österreicher in:
- Logistik und Mobilität (45 Prozent)
- Produktionsprozessen und Ressourcennutzung (36 Prozent)
- Energie- und Gebäudemanagement (26 Prozent)
Gerade die letzten beiden Punkte sind für Bauunternehmen hochrelevant. Gleichzeitig sind 47 Prozent der Befragten der hohe Energieverbrauch von KI-Anwendungen bewusst – 72 Prozent würden trotzdem eine umweltfreundliche KI einer effizienten, aber stromfressenden Lösung vorziehen.
Arbeitswelt: Vorsichtiger Pragmatismus
In der Arbeitswelt zeigt sich eine pragmatische Herangehensweise: 64 Prozent der Berufstätigen haben KI bereits ausprobiert, 11 Prozent nutzen sie fast täglich. 45 Prozent sehen KI in ihrer Branche als Chance, nur 18 Prozent als Risiko.
Die größten Hoffnungen liegen in:
- Arbeitserleichterung (40 Prozent)
- Effizienteren Prozessen (36 Prozent)
- Frühzeitigem Problemerkennen (27 Prozent)
Die größten Sorgen betreffen:
- Datenmissbrauch (37 Prozent)
- Unklare Verantwortlichkeiten bei Fehlern (35 Prozent)
- Mehr Überwachung und Kontrolle (34 Prozent)
Überraschend: Nur 21 Prozent sehen ihren Job durch KI gefährdet. Das zeigt eine relativ entspannte Haltung zur oft diskutierten "Jobkiller-KI".
Soziale Dimension: Niemand soll zurückbleiben
Besonders bemerkenswert ist das Bewusstsein für soziale Aspekte: 69 Prozent sehen ältere Menschen als besonders benachteiligt beim KI-Zugang, gefolgt von Menschen mit geringem Einkommen (31 Prozent) und in technikfernen Berufen (30 Prozent). 59 Prozent befürworten sogar, dass KI-Zugang ein Grundrecht sein sollte.
Was bedeutet das für die Baubranche?
Die Studienergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für Bauunternehmen, die KI einsetzen oder planen:
Kommunikation ist entscheidend: Die hohe Bedeutung von Transparenz zeigt, dass Unternehmen offen kommunizieren müssen, wo und wie sie KI einsetzen. Komplexe Algorithmen sollten verständlich erklärt werden.
Nachhaltigkeit als Verkaufsargument: KI-Lösungen, die nachweislich zu mehr Nachhaltigkeit beitragen – etwa durch optimiertes Energie- und Ressourcenmanagement – stoßen auf breite Akzeptanz.
Mitarbeiter mitnehmen: Der vorsichtige Pragmatismus in der Arbeitswelt zeigt: Beschäftigte sind KI gegenüber aufgeschlossen, brauchen aber Sicherheit bezüglich Datenschutz und klarer Verantwortlichkeiten.
Zielgruppengerechte Ansätze: Die unterschiedlichen Einstellungen zwischen Altersgruppen und Geschlechtern erfordern differenzierte Kommunikationsstrategien.
KI als Werkzeug der Zukunft
Die Studie zeigt: Österreich steht KI weder euphorisch noch ablehnend gegenüber, sondern mit aufgeklärter Vorsicht. Wie Marketagent-Geschäftsführer Thomas Schwabl zusammenfasst: „Die Berufswelt in Österreich steht der Künstlichen Intelligenz mit vorsichtigem Pragmatismus gegenüber. Viele Beschäftigte erhoffen sich konkrete Erleichterungen im Arbeitsalltag, gleichzeitig sind Sorgen rund um Datenmissbrauch und Verantwortlichkeiten präsent. Bemerkenswert ist, dass nur ein Fünftel den eigenen Job durch KI bedroht sieht. Eine wichtige Herausforderung liegt darin, das richtige Maß an Mensch-Maschine-Zusammenarbeit zu finden“.
Für die Baubranche eröffnen sich durch die Nutzung von KI große Chancen: Es kann als Innovationstreiber positioniert werden, der Nachhaltigkeit fördert und Arbeit erleichtert. Voraussetzung ist jedoch, dass Unternehmen die Erwartungen der Gesellschaft ernst nehmen und KI verantwortungsvoll einsetzen. Dann wird aus dem "Zauberstab" tatsächlich ein Schlüssel zu neuen Möglichkeiten – auch am Bau.